Historisches Museum im Zeichen der Queen

Als die Weltenherrscherin Luzern mit «Winkelried» inkognito bereiste

Queen Victoria auf ihrem Pferd Flora mit John Brown in Osborne.

(Bild: Jabez Hughes/Royal Collection Trust)

Zwei Ponys und eine Kutsche brachte sie aus der Heimat mit, drei Dienstmädchen und sogar ein ganzes Dampfschiff standen ihr alleine zur Verfügung: Die britische Monarchin Queen Victoria setzte vor 150 Jahren bei ihrem Besuch in Luzern Massstäbe für luxuriöses Reisen. Trotz all den Amüsements war sie todtraurig.

Sie war die mächtigste Frau ihrer Zeit, Königin von Grossbritannien und Irland, Kaiserin von Indien und Trägerin unzähliger weiterer Titel. Queen Victoria herrschte über ein Imperium, das die Welt umspannte – gar ein ganzes Zeitalter wurde nach ihr benannt.

Während fünf aussergewöhnlichen Wochen hielt sie sich im Jahr 1868 in der Schweiz auf – machte unter anderem auch im Kanton Luzern und Umgebung eine längere Verschnaufpause. Dem Ereignis widmet sich das historische Museum Luzern ab Ende März im Rahmen eines ausführlichen Programmes (siehe Box).

Ein offenes Geheimnis

Doch sie kam nicht in freudiger Erwartung, sondern mit Trauer im Gepäck. Ihr Gatte Albert von Sachsen-Coburg und Gotha starb im Jahr 1861 – seither war die Königin in Trauer. Weil Albert und die gemeinsamen Söhne bereits die Alpenrepublik durchwanderten, diente der Aufenthalt auch der Erinnerung an ihren Mann.

In der Pension Wallis auf dem Gütsch übernachtete die Queen.

In der Pension Wallis auf dem Gütsch übernachtete die Queen.

(Bild: Adolphe Braun, Royal Collection Trust)

Die Herrscherin, welche bis zu ihrem Tod 1901 ganze 64 Jahre auf dem Thron sass, reiste also in persönlicher Mission – und inkognito als «Countess of Kent» durch die Schweiz. Doch der Besuch war weitgehend bekannt in der Öffentlichkeit. Dennoch hat Victoria kaum offiziellem Zeremoniell beigewohnt, wie das Historische Museum in seiner Ausstellung aufzeigt.

Reiseziel für Adel und Supperreiche

Vom regionalen Zentrum aus bereiste sie die bekannten Destinationen wie die Rigi und den Pilatus, ein Höhepunkt war der dreitägige Abstecher auf die Furka und zum Rhonegletscher. In Luzern selbst besuchte sie Denkmäler, Plätze und Monumente. «Für Victoria war die Stadt selbst nicht das eigentliche Ziel der Reise sondern diente als eine Art letzter Basisort vor Expeditionen in die Bergwelt», sagt Publizist Bruno Affentranger, der für Luzern Tourismus die Geschichte des hiesigen Fernverkehrs dokumentierte.

Während der ganzen Zeit ihres Aufenthaltes in Luzern stand der Königin das Dampfschiff «Winkelried» zur Verfügung. Der 1864 in Betrieb genommene Raddampfer konnte ohne Probleme die aus England mitgebrachten Kutschen und Pferde der Königin transportieren.

«Erst viel später wurde die Leuchtenstadt selbst zur Attraktion», so Affentranger. Als Victoria hierher kam, sei der Tourismus in der Schweiz einer kleinen Gruppe Adliger und reicher Ausländer vorbehalten gewesen. «Ferien waren bis in die 30-Jahren des 20. Jahrhunderts für Normalsterbliche ein Fremdwort», sagt Affentranger.

Highlander, Dienstmädchen und der Aussenminister

Aber nicht alles hat sich seither in der Tourismushochburg verändert. Die touristischen Highlights Luzerns scheinen sowohl damals als auch heute die gleichen: In ihrem Tagebuch vermerkte Victoria den Schweizerhofquai, die Kapellbrücke und das Löwendenkmal. Die Monarchin war von der Landschaft um den Vierwaldstättersee begeistert, wie die Aufzeichnungen zeigen.

Genächtigt hat Victoria in der Pension Wallis. Das Gebäude steht heute noch, wird jedoch nicht mehr als Pension genutzt. In unmittelbarere Nachbarschaft wurde 20 Jahre später das Château Gütsch gebaut. Begleitet wurde die Queen neben drei ihrer Kinder von einem verhältnismässig kleinen Hofstaat. Dazu zählen der Highland-Diener John Brown, sein Bruder Archie, drei weitere Highlander sowie Stallburschen, Gehilfen und zwei bis drei lokale Dienstmädchen.

Extra nach Luzern angereist ist der damalige britische Aussenminister Lord Stanley. Während den fünf Wochen wohnte er im Hotel Schweizerhof, um in allen Fällen seiner Queen beistehen zu können. Dessen Dienste wurden jedoch kaum gebraucht – er konnte offenbar das Leben am Vierwaldstättersee in vollen Zügen geniessen.

Wichtige Kundschaft für Luzern

Der Besuch löste in und um Luzern einen Tourismusboom aus. Bereits im gleichen Jahr eröffnete in Luzern die «Pension Victoria» mit angrenzendem «Chalet Victoria» im Oberhochbühl. Das Gebäude wurde später zum Schönegg-Schlössli ausgebaut. Zwei Jahre später wurde am neu benannten «Victoriaplatz» das «Hotel Victoria» eingeweiht.

Die kaufkräftigen Besucher aus dem Empire waren für Luzern noch für Dekaden ausserordentlich wichtig. Laut Affentranger führten noch bis an die Jahrhundertwende die Briten die Rangliste der meisten Besucher aus der Ferne an. Eines der Zeugnisse der zahlreichen britischen Besucher in der Zentralschweiz während dem 19. Jahrhundert ist die Anglikanische Kirche an der Haldenstrasse, die rund 30 Jahre nach dem Besuch von Victoria erstellt wurde.

Pilatus von Meggen aus gesehen: Aquarell von Königin Victoria.

Pilatus von Meggen aus gesehen: Aquarell von Königin Victoria.

(Bild: zvg)

Ein Leben in schwarzen Kleidern

Ihre Eindrücke verewigte Queen Victoria mit eigenen Aquarellen – die Ehre von königlicher Hand gemalt zu werden hatte unter anderem der Pilauts. Ausserdem beauftragte sie Luzerner Maler wie Josef Zelger, Niklaus Pfyffer und Jost Muheim mit exakten Aufträgen für Landschaftsbilder ihrer Ausflugsziele. Diese dramatischen Bilder waren sozusagen die Ferienfotos des 19. Jahrhundert. Diese nahm Victoria dann als Erinnerung nach Hause.

Zwar hinterliess die Zeit in der Schweiz nachhaltigen Eindruck bei der Queen – doch auch dieser Besuch konnte ihre Trauer nicht überdecken. Victoria trug bis an ihr Lebensende schwarz – daran konnten weder der Pilatus noch der Vierwaldstättersee etwas ändern.

Ausstellung «Queen Victoria in der Schweiz»

Zwischen dem 29. März und dem 16. September 2018 bespielte das Historische Museum Luzern den Besuch von Queen Victoria in der Schweiz. Neben der Ausstellung, welche die aussergewöhnlichen Tage dokumentiert, finden diverse Veranstaltungen statt.

Dazu gehören Führungen, eine Theatertour, Kinderprogramme und Abstecher in unterschiedliche Hotels und Restaurants welche die Queen besuchte, jeweils umrahmt mit einem Abendessen.

Kuratiert wird die Ausstellung von Christoph Lichtin, Direktor des Historischen Museum Luzern. Gleichzeitig erscheinen Publikationen zum Thema, darunter das von der Bildungsstätte selbst herausgegebene Buch «Queen Victoria in der Schweiz» von Peter Arengo-Jones.

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