Zug: Hochbegabte werden oft nicht akzeptiert

Maximilian: «Ich mag ganz einfach Mathematik»

Mathe für Maximilian: Thomas Drisch, Mathematiklehrer im Ruhestand, fördert seinen hochbegabten Sohn Maximilian Janisch. Bild aus der SRF-Sendung «Maximilians Welt» von 2015.

(Bild: Copyright SRF)

Der Fall des hochbegabten Maximilian, der mit 10 Jahren an die ETH wollte, ging international durch die Presse. Der neue Dok-Film über ihn wurde am Donnerstagabend an der Pädagogischen Hochschule Zug gezeigt. Maximilian war ebenfalls anwesend – und vertrat selbstbewusst seine eigene Sicht der Dinge.

«Der jüngste Student Frankreichs!», lautete die Schlagzeile, die Erstaunen ausdrückt. Denn Maximilian Janisch aus dem luzernischen Meierskappel ist hochbegabt. Es hat einen IQ von 149+, befasst sich gerade mit Mathestoff, über den sich Studenten der Uni Zürich im dritten Semester die Köpfe zerbrechen – und Max ist gerade mal vierzehn.

Das Kind in den Fokus gestellt

Nach seinem gescheiterten Versuch, an der ETH immatrikuliert zu werden, wurden er, seine Begabung und mit ihm als Zugpferd die Thematik der ausserordentlichen Begabtenförderung in den Medien breit und kontrovers diskutiert.

Nicolas Greinacher versuchte in seinem neuen Film dem Kind hinter dem Begabten nachzuspüren. «Maximilian» feierte im November seine Premiere in Nordirland und wurde nun an der Pädagogischen Hochschule Zug gezeigt.

«Die Berichte, die verschiedene Medien über Maximilian machten, schienen mir immer sehr einseitig. Ich wollte das Kind in seiner ganzen Tiefe einfangen», sagte der anwesende Regisseur. Und weiter: «Zeigen, dass Maximilian nicht einfach immer nur hochkomplexe Mathematik macht, sondern auch im Garten spielt. Oder schwimmen geht.»

Zurzeit Gymnasiast in Immensee

Eine Rekapitulation: Zurzeit ist Maximilian aus Meierskappel noch Gymnasiast in Immensee. Drei Klassen vor seinen Altersgenossen. Gleichzeitig wird er vom Mathematikprofessor Camillo de Lellis von der Universität Zürich individuell gefördert. Wann immer es geht, verbringt er seine Zeit aber in Frankreich. Genauer an der Uni in Perpignan. «Der jüngste Student Frankreichs», titelte L’Express deshalb 2015.

«Ähnlich sture Argumentationen wurden gegen die Einführung des Frauenstimmrechts geführt und von der Geschichte als lächerlich entlarvt.»
Maximilians Vater Thomas Drisch

Auch in unserem Nachbarland erregte der junge Mann Aufsehen, denn da hatte es funktioniert mit der Immatrikulation. Im Gegensatz zur Schweiz: «Bei der Anhörung unseres Anliegens an der ETH wurden Maximilians Begabung und Interesse in keinem Wort erwähnt. Da ging es nur um Statuten», sagt der Vater, Thomas Drisch. Maximilian habe keine Matura, also könne er sich auch nicht immatrikulieren. «Ähnlich sture Argumentationen wurden gegen die Einführung des Frauenstimmrechts geführt und von der Geschichte als lächerlich entlarvt.»

Drisch ist Maximilians Vater und sein Mentor zugleich. Er erarbeitete mit seinem Sohn den aufzuholenden Stoff, als dieser drei Klassen übersprang und von der dritten Primarschule direkt ans Gymnasium wechselte. «Das gab uns die Chance, der durch Unterforderung bedingten Langeweile mittels Akzeleration zu entgehen.»

Erotische Beziehung zur Mathematik

Drisch war früher selbst Professor für Mathematik und teilt seines Sohnes Liebe zur Eleganz der Zahlen. Oder umgekehrt. «In meiner Jugend hatte ich auch eine erotische Beziehung zur Mathematik», erzählt er der Kamera in seinem Ferienhaus in Südfrankreich.

In seinem Ferienhaus hängt an jedem freien Flecken Wand ein Bild einer leicht bekleideten Frau in Pose. Oder Teile davon. «Glück ist für mich, wenn man unter Einsatz all seiner Kräfte ein Ziel erreicht. Der Moment der totalen Erschöpfung. Das sind die schönsten Glücksmomente», sagt er. Auch Maximilian teilt diese Vorstellung. Denn etwas später im Film beantwortet er die gleiche Frage nach dem Glück mit erstaunlich ähnlicher Wortwahl.

«An der Stelle der Eltern würde ich die Medien meiden.»
Jugendpsychologe Allan Guggenbühl

Ungeschickt, wenn nicht dumm

Die mediale Aufmerksamkeit, die der Fall Maximilian erhielt, und deren Bedeutung im Leben des 14-Jährigen thematisiert Greinacher in seinem Werk, in dem er ein Interview mit dem bekannten Jugendpsychologen Allan Guggenbühl in den Film einwebt. «An der Stelle der Eltern würde ich die Medien meiden», sagt dieser, «die Art und Weise, wie sie damit umgehen, ist aus meiner Sicht zumindest ungeschickt, wenn nicht dumm.»

Maximilian gibt Interviews in Zeitungen, Talkshows und Radiosendungen in der Schweiz, Frankreich und Irland. Sein Vater unterstützt ihn dabei und ist stets an seiner Seite. Oft auch auf der Bühne. So auch gestern, als Maximilian, sein Vater und der Regisseur des Films Nicolas Greinacher nach dem Film Fragen aus dem Publikum beantworten. «Das Problem bei diesem medialen Rummel besteht darin, dass das Kind Gefahr läuft, seine Rolle in den Medien mit seiner Rolle im Leben zu verwechseln.»

«Es wäre vielleicht besser gewesen, wir hätten uns erst einmal kennengelernt, bevor er sich eine Meinung über mich gebildet hat.»
Maximilian über Guggenbühl

Maximilian widerspricht Guggenbühl

Guggenbühl befürchtet, dass dem Kind die mediale Aufmerksamkeit zu Kopf steigt. Maximilian reagiert gelassen, als er aus dem Publikum darauf angesprochen wird: «Herr Guggenbühl ist ein Fachmann auf seinem Gebiet. Ich glaube aber, seine Befürchtungen sind unbegründet. Es wäre vielleicht besser gewesen, wir hätten uns erst einmal kennengelernt, bevor er sich eine Meinung über mich gebildet hat.»

Ganz normaler Mensch

Die Stärke des Films sieht Thomas Drisch darin, dass er aufzeigt, dass Förderung von Begabten ohne Stress für das Kind möglich ist. Drisch führt seinen eigenen Kreuzzug gegen die bürokratischen Schranken, die seinem Kind auferlegt wurden. «Kinder haben ein Recht auf Förderung. Ihre Leistungsbereitschaft ist manchmal höher als bei Erwachsenen.»

Einige Bilder und Szenen findet er diesem Ziel jedoch nicht direkt zuträglich. «Der Film hätte auch nicht so lang werden müssen.» Damit meint er wohl jene Teile des Films, die Greinacher gerade am Herzen liegen.

Maximilian im Pool, Maximilian mit Nachbarskindern in Südfrankreich auf dem Trampolin, Maximilian nachts beim Minecraftspielen. Auch Maximilian betont, dass er ein normaler Mensch ist. «Ich bin nicht anders oder besonders», meint er in einem BBC-Interview vor der Premiere des Films in Nordirland. «Ich mag ganz einfach Mathematik.»

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