Schwertkampf-Unterricht beim «Räbenvater»

Der letzte Samurai von Baar

Es geht um den Schwung: Richtig ausholen und die Hände als Hebel benutzen.

(Bild: Ramona Steiger)

Der Baarer Gemeinderat und «Räbevater» hat zentralplus eine Probelektion in seiner Kampfkunstschule gegeben und uns gezeigt, wie man den Gegner fachgerecht zerschneidet. Zumindest theoretisch.

Pirmin Andermatt ist Gemeinderat von Baar, Räbevater und damit oberster Fasnächtler. Doch nicht nur das: Er ist auch so was wie der letzte Samurai von Baar. Oder einer der letzten, denn an seiner Kampfkunstschule trainieren noch einige andere Meister und noch viel mehr Schüler die japanische Kunst des Schwertes. Als Gründer der Kampfkunstschule Yun Song in Baar ist er immer noch aktiv bei den Trainings dabei. Selber Unterricht gibt er allerdings nicht mehr. Als Gemeinderat fehle einem irgendwann die Zeit dazu, erklärt er bedauernd. Für zentralplus hat er eine Ausnahme gemacht. Und schnell musste ich lernen: Nur mit Rumfuchteln wird kein Schwertkämpfer aus mir.

Am Anfang begrüsst man sich.

Am Anfang begrüsst man sich.

(Bild: Ramona Steiger)

In Japan wurde die Kampfkunst der Samurais im neunzehnten Jahrhundert verboten, erzählt mir Pirmin Andermatt. Japanische Schulen seien deswegen grösstenteils nach Korea ausgewandert. Nur einige wenige hätten im Geheimen in Japan noch überlebt. Deshalb komme das Meiste, was in Baar heute gelehrt wird, auch aus Korea.

Keine Muckibuden-Aura im Trainingsraum

Trainingsräume für Kampfkünste haben eine Aura, an die diese Muckibuden für Sit-up-Euphoriker wohl nie rankommen werden. Sogar die Matte fühlt sich feierlich an, als ich meinen Fuss auf sie setze. Wir trainieren barfuss. Einen Gurt habe ich bekommen, den weissen. Pirmin Andermatt hat einen Schwarzen. Aus Nervosität frage ich, wieso sein Gurt breiter sei als meiner. Er runzelt die Stirn und bindet seinen Gurt mit geübten Bewegungen. «Na, das ist eben der schwarze Gurt», so seine lakonische Antwort. Und Schwarzgurt heisst Profi – Weissgurt heisst Anfänger. Trotzdem: Selbst der weisse Gurt tut seine Wirkung, ich sehe mich bereits in gedanklichen Schnappschüssen in kämpferischen Posen durch die Luft fliegen. Soweit wird es nicht kommen.

Pirmin Andermatt macht vor, wie das Schwert richtig aufgenommen wird. Ich hab’s lange nicht kapiert.

Pirmin Andermatt macht vor, wie das Schwert richtig aufgenommen wird. Ich hab’s lange nicht kapiert.

(Bild: Ramona Steiger)

Erste Lektion: Schwert aufnehmen. Klar, weil ich eben ein Weissgurt-Anfänger-Dilettant bin, trainieren wir erst mal mit Holzattrappen. Ich werde dem Universum noch dafür danken. Aber auch diese Holz-Schwerter sind nicht ohne. Im Gang draussen vor dem Trainingsraum hängt ein Bild von Pirmin Andermatt. Darauf ist der Baarer Sicherheitsvorsteher in dem Moment eingefroren, in dem er eine Zeitung in der Luft zerteilt. «Scharf, die Dinger», sage ich. Pirmin Andermatt schüttelt den Kopf. Klar seien die schon scharf, darauf komme es aber nicht an. «Papier zu schneiden, so wie auf dem Bild, geht mit einer Holzattrappe beinahe besser. Es geht um den Schwung, nicht die Klinge.» Gut zu wissen.

Ich hätte mir wohl die Niere entfernt

Das Schwert aufnehmen: Bei Pirmin Andermatt sieht das elegant aus, zwei Bewegungen, präzise wie von unsichtbaren Bändern geführt und das Schwert steckt an Ort und Stelle im Gürtel. Wichtig: Die Klinge nach oben. Ich mache es ihm nach. Meine Holzattrappe rudert unkontrolliert durch die Luft und ich hätte mir beim In-den-Gurt-stecken wohl die Niere rausgeschnitten, wäre es ein echtes Schwert gewesen. Pirmin Andermatten schaut mich kritisch an. Die Klinge ist verkehrt rum. Naja, kommt schon noch.

Es geht um den Schwung: Richtig ausholen und die Hände als Hebel benutzen.

Es geht um den Schwung: Richtig ausholen und die Hände als Hebel benutzen.

(Bild: Ramona Steiger)

Es gibt grob gesagt sieben verschiedene «Cuts», die man mit dem Schwert ausführen kann: Gerade von oben, schräg von oben nach unten, waagrecht und von schräg unten nach oben. Eigentlich simpel. Aber es geht eben nicht nur darum, das Ding durch die Luft sausen zu lassen. Wer denkt, man kann beim Schwertkampf Erfahrungen vom Holzspalten einfliessen lassen, der täuscht sich.

«Man muss wissen, was man will»

Den Schwung, die Bewegung, man muss es fliessen lassen. Und sobald man zu viel überlegt, stockt es. Der Körper wisse schon, was er tut, der Kopf störe nur, wiederholt Pirmin Andermatt. Mein Kopf stört vor allem, weil er irgendwie immer im Weg ist. Sowieso: Die Bewegungen, die bei Pirmin Andermatt fliessend und eben natürlich aussehen, führen bei mir regelmässig ins Chaos. Hätte ich ein scharfes Schwert in der Hand gehabt, Pirmin Andermatt hätte mir wohl nicht so locker bei meinen chaotischen Bewegungen zugeschaut. «Man muss wissen, was man will», sagt Pirmin Andermatt ein paar Mal.

Pirmin Andermatt in Verteidigungshaltung.

Pirmin Andermatt in Verteidigungshaltung.

(Bild: Ramona Steiger)

Man muss wissen, was man will. Am Anfang der Lektion klingt das wie eine Binsenweisheit. Am Ende der Lektion glaube ich zu erahnen, was damit gemeint ist. Es ist ein Unterschied, ob man einfach mit einem Stock in der Hand rumhampelt. Oder ob man die Bewegungsabläufe kontrolliert und exakt so macht, wie sie sein sollen. Gegen Schluss wird es übrigens besser: Ich halte meinen Kopf aus der Bahn, das Schwert stoppt da, wo es soll, und Pirmin Andermatt nennt mich einmal sogar ein Naturtalent. Wohl nur zu Motivationszwecken. Aber trotzdem. Vielleicht schlummert ja doch auch in mir ein kleiner Samurai.

Die Rolle kann man auch mit Schwert machen. Für Weissgurt-Anfänger ist aber schon die klassische Rolle nicht ganz einfach.

Die Rolle kann man auch mit Schwert machen. Für Weissgurt-Anfänger ist aber schon die klassische Rolle nicht ganz einfach.

(Bild: Ramona Steiger)

 

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