Markuskirche baut um und sucht frisches Geld

Luzerner Freikirche zwischen Casino und Clubs

Marek Kolman, Pastor und Vereinspräsident der Markuskirche Luzern.

(Bild: giw)

Die unscheinbare, aber hübsche Markuskirche an der Haldenstrasse wird umgebaut. Geplant ist eine «multifunktionale Begegnungs- und Service-Insel» für eine kleine Glaubensgemeinschaft. Wer trifft sich hier und wie reagiert die Freikirche auf die Reizthemen Missionierung und Homosexualität?

Die denkmalgeschützte Markuskirche an der Haldenstrasse hinter dem Grand Casino Luzern soll saniert werden. Die Kirchgemeinde reichte im Dezember ein Baugesuch für die Markuskirche ein. Geplant ist eine zweigeschossige Begegnungs-Insel, erklärt Marek Kolman, Pastor und Vereinspräsident der Markuskirche Luzern. Sie bietet unter anderem einer Küche, einer Servicestation, einem Raum für Veranstaltungstechnik, zwei Übersetzerkabinen sowie einem Seminar- und Jugendraum Platz. Dieser Umbau ist nötig, um die wachsenden Bedürfnisse der Freikirche zu decken. 

Anlehnung an das historische Raumkonzept

Für den Umbau sind rund 600’000 Franken budgetiert. Bankkredite, BewegungPlus-Darlehen und persönliche Spenden sollen das Projekt zu gleichen Teilen finanzieren. Der Innenumbau hat noch nicht begonnen, zuerst werden die notwendigen 200’000 Franken Spendengelder gesammelt, so Pastor Marek Kolman: «Seit wir im September mit der Spendensammlung begonnen haben, sind rund 140’000 Franken zusammengekommen.» Die Gemeinde zählt ausserdem auf die freiwillige Arbeit ihrer Mitglieder, um die Verschuldung möglichst gering zu halten. Bis Ende Oktober 2017 soll der Umbau abgeschlossen sein.

Blick in Richtung Ausgang. Dort, wo derzeit noch eine weisse Wand die Kirche trennt, soll stattdessen eine Service- und Begegnungsinsel entstehen.

Blick in Richtung Ausgang. Dort, wo derzeit noch eine weisse Wand die Kirche trennt, soll stattdessen eine Service- und Begegnungsinsel entstehen.

(Bild: giw)

Verantwortlich für das Projekt ist der Luzerner Architekt Luca Deon. In seinem Konzept schreibt er: «In Anlehnung an das historische Raumkonzept wird das bestehende Foyer rückgebaut. Der ursprüngliche Hauptraum kann wieder in seiner vollen Länge wahrgenommen werden. Alle Nutzungen, welche den heutigen Bedürfnissen einer modernen Kirchgemeinde entsprechen, werden in einem neuen Funktionsblock vereint.»

Nach dem Umbau: der Blick vom Kircheninnern in Richtung der Mehrzweck-Insel.

Nach dem Umbau: der Blick vom Kircheninnern in Richtung der Mehrzweck-Insel.

(Bild: BewegungPlus Luzern)

Umbaustart auf Anfang Juni geplant

Weil die Kirche viele «Leerzeiten» hat, an denen sie nicht genutzt wird, plant Kolman, diese nach dem Umbau vermehrt für Anlässe, Hochzeiten oder Konzerte zu vermieten. Schliesslich kostet der Unterhalt der Kirche jährlich gegen 35’000 Franken. Ein Nutzungskonzept ist laut Kolman in Arbeit.

Derzeit ist man laut Kolman an der Detailplanung und der Auswahl von geeigneten Unternehmen, die auch für eine Beteiligung von Eigenarbeit offen seien. Sobald die Endsumme erreicht und die Baubewilligung im Haus sei, könne man mit den konkreten Arbeiten beginnen. «Der Umbaustart ist auf Anfang Juni dieses Jahres geplant», erklärt Kolman.

Das Foyer wird nach dem Umbau als Treffpunkt sowie Bistro der Gemeinschaft nach den Gottesdiensten dienen. Rechts und links befindet sich der Zugang zur Saalkirche.

Das Foyer wird nach dem Umbau als Treffpunkt sowie Bistro der Gemeinschaft nach den Gottesdiensten dienen. Rechts und links befindet sich der Zugang zur Saalkirche.

(Bild: BewegungPlus Luzern)

«In gesellschaftlichen Fragen gerne konservativ»

Aber wie praktizieren die Freikirchler ihren Glauben eigentlich im historischen Gotteshaus? Die Markuskirche ist eine evangelische Freikirche für die Stadt und Agglomeration Luzern. Kolman beschreibt BewegungPlus Luzern als eine Mehrgenerationen-Kirche. Sie biete ein breites Programm für Jung und Alt an, in ihr sei «Gott erlebbar». Man lebe eine zeitgemässe christliche Spiritualität und investiere in den Dienst am Nächsten. Ausserdem setze man sich für eine gerechtere Welt ein. Der gemeinnützige Verein ist Mitglied von «BewegungPlus Schweiz», einem Verband, der 32 evangelische Freikirchen mit rund 5000 Gottesdienstbesuchern umfasst.

«Typisch für Freikirchen ist, dass sie das Neue Testament möglichst wörtlich umzusetzen versuchen.»

Religionswissenschaftler Georg Schmid von der Evangelischen Informationsstelle

Religionswissenschaftler Georg Schmid von der Evangelischen Informationsstelle erklärt die wichtigsten Unterschiede zwischen Freikirchen und der reformierten Landeskirche: «Typisch für Freikirchen ist, dass sie das Neue Testament möglichst wörtlich umzusetzen versuchen. Aus diesem Grund sind Freikirchen in gesellschaftlichen Fragen gerne konservativ, etwa bei der Frage, ob Frauen als Pfarrerin tätig sein dürfen.» Bei BewegungPlus sei das inzwischen möglich, aber erst nach langen internen Diskussionen.

Ausserdem würden Angehörige von Freikirchen sich meist erst als Jugendliche oder Erwachsene taufen lassen, erklärt Schmid: «Den Glauben anzunehmen soll eine persönliche Entscheidung sein.» Im Gegensatz zu den evangelischen Landeskirchen, deren Mitglieder meist kurz nach der Geburt getauft werden und später die Konfirmation durchlaufen.

Kirche ist sehr aktiv

Obwohl die Markuskirche eine Freikirche ist, sieht man sich nicht als Eigenbrötler: «Wir sind eine evangelische Freikirche und verstehen uns als Teil der gesamten Christenheit», erklärt uns Kolman. «Wir haben rund 200 Erwachsene und 50 Kinder in unserer Gemeinschaft.» Die Kirche sei sehr aktiv: «Es gibt drei Bands, eine Jungschar, einen Kinderhort, ausserdem beteiligen wir uns an Projekten wie Tischlein deck dich oder Deutsch für Fremdsprachige.» Von den Erwachsenen 200 Mitgliedern sind gegen 150 in verschiedenen Arbeitsbereichen ehrenamtlich aktiv. «In erster Linie sprechen wir über unseren Glauben mit Bekannten und Freunden oder auch am Arbeitsplatz», erklärt Kolman.

«Die Zusammenarbeit mit anderen Christen ist uns sehr wichtig.»

Marek Kolman, Pastor BewegungPlus Luzern

Diese Form der Mission ist laut Religionswissenschaftler Schmid üblich: Mitglieder von Freikirchen würden aufgefordert, für ihren Glauben zu werben. Das geschehe laut Schmid nur noch selten auf der Strasse, weil die Freikirchen erkannt hätten, dass Strassenwerbung kaum Erfolg bringt. «Stattdessen wird im persönlichen Umfeld geworben. Diese Form wird von den Freikirchen selbst in Wort und Schrift empfohlen», so Schmid.

Nachbarscharft stört Kirche nicht

Im Gegensatz zu den Gottesdiensten in den Landeskirchen sei die eigene Liturgie weniger starr. Jeden Sonntag feiert man in der Markuskirche einen rund 75-minütigen Gottesdienst. Die Musik spiele bei BewegungPlus eine wichtige Rolle, man pflege «einen zeitgemässen Musikstil». BewegungPlus hat in Luzern viele Familien mit Kindern: «Wir sind eine junge Kirche», so Kolman.

«Homosexuelle werden in den meisten Freikirchen akzeptiert, solange sie ihre Sexualität nicht ausleben.»

Religionswissenschaftler Georg Schmid von der Evangelischen Informationsstelle

Dass in der Nachbarschaft ein Casino und Nachtclubs sind, stört Kolman nicht: «Die Haldenstrasse ist ein zentraler Ort in der Stadt Luzern. Wir verstehen uns als wichtige Tages-Ergänzung zum pulsierenden Nachtleben, indem wir für das geistlich-seelische Wohl ein zeitgemässes Angebot bieten.»

 

Hinter dem Grand Casino Luzern steht die unscheinbare Markuskirche im anglikanischen Baustil.

Hinter dem Grand Casino Luzern steht die unscheinbare Markuskirche im anglikanischen Baustil.

(Bild: giw)

Homosexualität «absolutes Randthema»

Angesprochen auf die Glaubensgrundsätze der Freikirche, rümpft Kolman beim Stichwort Homosexualität die Nase: «Das scheint eine sehr beliebte Journalistenfrage zu sein. Für uns ist Homosexualität aber nur ein absolutes Randthema. Uns geht es in erster Linie darum, allen Menschen offen zu begegnen.» Man spürt Vorbehalte.

Als Zweig der Pfingstbewegung ist der BewegungPlus das Ziel der Heiligung wichtig, das besagt, «dass die Mitglieder danach streben sollen, sündhaftes Verhalten möglichst zu meiden», erklärt Religionsexperte Schmid. Es galt in Freikirchen früher die Regel der Gemeindezucht. Menschen, die sich nicht um Heiligung bemühten, wurden ausgeschlossen. Heute sei das kaum mehr üblich. Schwierig kann es aber für Lesben und Schwule werden: «Homosexuelle werden in den meisten Freikirchen akzeptiert, solange sie ihre Sexualität nicht ausleben. Wer in einer homosexuellen Beziehung lebt, kann in Freikirchen aber keine Leitungsfunktion ausüben.»

Wir schreiben nicht nur über Glaubensgemeinschaften in Luzern, wir besuchen und bewerten sie in unserem Gottesdienst-Dossier.

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