Neues Projekt krempelt Luzerner Bundesplatz um

Velos, Fussgänger, Autos: So wird der Verkehr beim Hochhaus gesteuert

Noch nicht gebaut und schon integriert: Die zwei stattlichen Bauten (obere Bildhälfte) am Bundesplatz Luzern werden 32 und 35 Meter hoch.

(Bild: Nightnurse Images)

58 statt 80 öffentliche Parkplätze, eine neue Strasse entlang der Gleise, interessante Optionen für Velofahrer und Fussgänger: Das neue Hochhaus am bereits heute dicht befahrenen Bundesplatz hat Auswirkungen auf den Verkehr. Und die Nachbarn.

Am Bundesplatz entsteht für 100 Millionen Franken ein Wohn- und Geschäftshaus mit 125 Wohnungen, Geschäften und Ateliers. Dazu gehörten auch ein Mini-Stadtpark, ein Strassencafé und unterirdische Parkplätze (zentralplus berichtete).

Im Dialog mit dem Quartier

«Es gab für die Architekten einige Knacknüsse zu lösen», betont Tomaso Zanoni, Vorsitzender Jury Architekturwettbewerb. Unter anderem gehörten zu den grossen Herausforderungen die Erschliessung und Parkmöglichkeiten am stark frequentierten Bundesplatz sowie die Gestaltung der Aussenraumes.

«Wir wollten nicht nur Raum beanspruchen, sondern auch welchen zurückgeben.»
Gabriel Gmür, Architekt

Das auserwählte Projekt Luegisland verstehe sich nicht als «Insel» und wolle im Diaolg mit der gesamten Umgebung sein. «Die zwei hohen Häuser haben keine Rückseite – jede Seite hat Charakter und Ausstrahlung», sagt Gabriel Gmür, einer der Architekten des Siegerprojektes.

Gabriel Gmür (rechts) und Michael Geschwentner von der Arbeitsgemeinschaft ARGE Steib & Geschwentner und tolbergmür Architekten.

Gabriel Gmür (rechts) und Michael Geschwentner von der Arbeitsgemeinschaft ARGE Steib & Geschwentner und tolbergmür Architekten.

Der junge Architekt kennt die Situation und das Quartier rund um den Bundesplatz: Sowohl er wie ein weiterer Mitarbeiter des Büros  sind Luzerner. Dass der Grünbereich – eine Art Mini–Stadtpark – für die Öffentlichkeit zugängig ist, sei ein wichtiger Faktor. «Wir wollten nicht nur Raum beanspruchen, sondern auch welchen zurückgeben», sagt Gmür.

Urban, verdichtet und mit Grünfläche

Die Nachbarn und der Quartierverein Hirschmatt–Neustadt wurden am Mittwochabend über das Projekt Luegisland informiert. «Die Reaktionen waren durchwegs positiv», sagt Daniel Deicher, Kommunikationsverantwortlicher Gesamtprojekt. «Die Fragen der Anwesenden betrafen insbesondere die Terminplanung sowie Verkehr und Erschliessung.»

Luegisland wird zwei bis drei Stockwerke höher als das gegenüberligende Gebäude mit den Capitol Kinos.

Luegisland wird zwei bis drei Stockwerke höher als das gegenüberligende Gebäude mit den Capitol Kinos.

(Bild: nightnurse images GmbH)

Auf Nachfrage zeigen sich die Verantwortlichen des Quartiervereins zufrieden. «Wir finden das Projekt spannend und städtebaulich gut aufgegleist», sagt Markus Schulthess, Präsident Quartierverein Hirschmatt–Neustadt.

«Wenn das Vorhaben in dieser Art realisiert wird, ist das eine Aufwertung für das Quartier.»
Markus Schulthess, Präsident Quartierverein Hirschmatt–Neustadt

Zwar seien die Baukörper dominant, aber es gebe viele Qualitäten – beispielsweise die Gliederung der zwei Bauten und der Freiraum gegen die Neustadtstrasse hin.«Die Umsetzung ist gut geplant: urban, verdichtet und mit etwas Grünfläche», sagt Schulthess. «Wenn das Vorhaben in dieser Art realisiert wird, ist das eine Aufwertung des Quartiers.» Auch Schulthess sagt, dass die Verkehrssituation und Parkierung bei den Anwohnenden und im Quartier generell ein grosses Thema sei.

Geplant ist auch ein Café mit Boulevardrestaurant bei der Langensandbrücke.

Geplant ist auch ein Café mit Boulevardrestaurant bei der Langensandbrücke.

(Bild: nightnurse images GmbH)

Weniger Parkplätze als gewünscht

Bei der Gesamterneuerung des Hirschmattquartiers (zentralplus berichtete) wurden 76 Parkplätze abgebaut, einzelne werden noch folgen. Dafür soll Ersatz her. Auf der Wunschliste der Stadt stand denn auch, dass in der neuen Überbauung 100 öffentliche Parkplätze integriert werden. Ganz gelingen wird das jedoch nicht: Die unterirdische Parkanlage soll zwar über 100 Parkplätze beinhalten.

«Voraussichtlich gibt es 58 öffentliche Parkplätze im Luegisland.»
Daniel Rudin, Bereichsleiter Mobilität Tiefbauamt der Stadt Luzern

Davon ist jedoch ein Teil für Mieter und Besucher reserviert. «Voraussichtlich gibt es 58 öffentliche Parkplätze im Luegisland», sagt Daniel Rudin, Bereichsleiter Mobilität Tiefbauamt der Stadt Luzern. Zum Trost gibt es eine Alternative: «Neu wird es im Parkhaus Hirzenmatt zusätzlich rund 40 öffentliche Parkplätze geben. Diese konnten aufgrund baurechtlicher Vorgaben bis jetzt nicht als private Parkplätze genutzt werden», erklärt Rudin. Diese Alternative ist allerdings schon länger bekannt.

Die Parkplätze sind unterirdisch und werden im Einbahnverkehr geführt: Die Einfahrt erfolgt über den Bundesplatz, die Ausfahrt auf der Hinterseite der Baukörper gegen das SBB-Gleis und von dort in die Neustadtstrasse. Davon versprechen sich die Verantwortlichen eine Verbesserung der Verkehrssitutation. «Zurzeit gibt es auf der leeren Brache etwa 80 Parkplätze – die Autos fahren dort sowohl hinein wie hinaus. Das sorgt am Bundesplatz für viel mehr Frequenz als die Lösung mit dem unterirdischen Einbahnsystem», sagt Rudin.

Die Ausfahrt der Autos ist auf der Seite gegen die Neustadtstrasse zu geplant. Hier würde auch ein allfälliger Velo- und Fussweg zwischen Geleise und Neubau durchführen.

Die Ausfahrt der Autos ist auf der Seite gegen die Neustadtstrasse zu geplant. Hier würde auch ein allfälliger Velo- und Fussweg zwischen Geleise und Neubau durchführen.

(Bild: nightnurse images GmbH)

Interessante Option für Velos und Fussgänger

Für Velofahrer und Fussgänger zeichnet sich eine interessante Option ab: Der diesen Freitag eröffnete neue Fuss- und Veloweg auf dem alten Zentralbahn-Trassee könnte verlängert werden. Von der Neustadtstrasse würde dieser etwa vier Meter breite Weg dann zwischen den neuen Häusern und den Geleisen entlang führen, die Langensandbrücke unterqueren und hinter dem Capitol bis zum Bahnhof führen.

«Für dieses Szenario haben wir eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das Resultat liegt voraussichtlich Anfang 2017 vor», sagt Rudin. Diese Planung und allfällige Umsetzung liegt zwar in der Verantwortung der Stadt. «Aber mit den Projektverantwortlichen von Luegisland haben wir einen intensiven und guten Austausch bezüglich dieser Themen.»

Bezugsbereit 2020 – wenn alles nach Fahrplan läuft

Von den 125 Wohnungen sind 25 als Eigentums- und die restlichen 100 als Mietwohnungen geplant. «Die Wohnungsmieten werden im mittleren Bereich angesiedelt sein», sagt Daniel Steck, Leiter Bauten Mobiliar. Er geht davon aus, dass eine 3,5-Zimmer-Wohnung um die 2200 Franken kosten wird. «Wie sich die Mietpreispolitik bis 2020 entwickelt, weiss man nicht – darum können wir das jetzt auch noch nicht genau festlegen.» Im Erdgeschoss sollen diveres Dienstleistungsbetriebe, Büros und Ateliers angesiedelt werden. Auch ein Grossverteiler ist bereits an Bord – um welchen es sich dabei handelt, will Daniel Steck noch nicht verraten.

Heute ist auf dem Platz des künftigen «Luegisland» eine Brache mit etwa 80 Parkplätzen.

Heute ist auf dem Platz des künftigen «Luegisland» eine Brache mit etwa 80 Parkplätzen.

(Bild: Christine Weber)

Als nächste Schritte sind die Erarbeitung des Gestaltungsplans und die Baueingabe geplant. Die Bauarbeiten beginnen im Idealfall im Jahr 2019, bezugsbereit sollen die Gebäude 2020 sein.

Beschwerde von Bundesgericht abgelehnt

Vorgeschichte: 2013 stimmte die Luzerner Bevölkerung der neuen Bau– und Zonenordnung zu. Dies machte es möglich, dass am Bundesplatz bis zu 35 Meter hoch gebaut werden darf. Damit waren nicht alle einverstanden: Zwei Anwohner zogen ihre Beschwerde bis vor Bundesgericht. Dieses lehnte die Beschwerde im Sommer 2016 ab.

Einen Strich durch den Zeitplan könnten den Verantwortlichen allfällige Einsprachen gegen das Bauprojekt machen. «Damit muss man natürlich rechnen», sagt Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner und verweist darauf, dass es bei fast allen Bauvorhaben zu Einsprachen komme. «Darum wäre es keine grosse Überraschung.»

Alexandros Guekos vom Verein Stadtbild gehörte zu den erbittertsten Gegnern von Hochhäusern am Bundesplatz. Ob von dieser Seite Einsprache erhoben wird, konnte zentralplus noch nicht in Erfahrung bringen, weil er für eine Stellungsnahme nicht erreichbar war.

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