Spott-Video des Luzerner Hotels Monopol

Ein 4*-Hotel lernt gerade Social Media

Muss grad viel Spott einstecken: das Hotel Monopol in Luzern.   (Bild zvg/Montage zentralplus)

Ach, ist das Internet schön: Ein Hotel macht einen schlechten Werbeclip und jahrelang hat’s niemanden interessiert. Jetzt, wo den Film alle sehen wollen, löschen sie ihn. «Kontraproduktiv», sagt der Social-Media-Experte. Und das Netz spottet weiter.

Willkommen im Social-Media-Zeitalter, ehrwürdiges Hotel Monopol! Plötzlich kennt die ganze Schweiz das Viersternehotel «thät looks läik a pärisenn Päläce». Man kennt nun seine Direktorin Brigitte Heller und weiss um deren bescheidene Englischkenntnisse. Was ist geschehen?

Es ist eine Geschichte, wie sie nur in den neuen Medien passiert: Ein User gräbt ein drei Jahre altes Hotel-Werbevideo aus den Untiefen von Youtube, postet es und ein paar Tage lang schiessen die Klickzahlen in die Höhe. Das Netzt spottet über das Video und das Hotel mit der «ünique barock style Fassade» (zentralplus berichtete).

Das Netz ist ein Schelm

Medien springen auf den Zug auf. Die Direktorin ist erst geschockt, gibt sich dann aber gelassen: «Ich nehme es mit Humor, ich weiss, dass mein Schweizerdeutsch-Englisch nicht perfekt ist, aber das bin ich, es ist authentisch, herzig und ehrlich», sagte sie gegenüber zentralplus. Und sie vergleicht es mit dem immensen Erfolg und der Sympathie gegenüber der legendären Werbung der Fischer-Bettwaren.

Dem Verwaltungsrat jedoch wird die Sache bald ungeheuer. Er pfeift die Direktorin zurück und nimmt das Video vom Netz, um es laut eigener Aussage zu überarbeiten. Dieses Netz jedoch ist ein Schelm und vergisst nie: Und schwupps ist das Video ein paar Stunden später wieder aufgetaucht.

Soweit die Geschichte – ein Lehrstück in Sachen Social Media. Ein paar interessante Fragen bleiben:

  • Wie konnte es so weit kommen, dass ein Viersternehotel ein solches «Werbe»-Video durchlässt?
  • Wieso hat es drei Jahre lange kaum jemand bemerkt?
  • Welche Reaktion ist richtig: Humor beweisen und drüber lachen? Oder Schadensbegrenzung à la Verwaltungsrat?
  • Und ist das Ganze tatsächlich sympathisch – oder für ein Hochpreishotel schon eher peinlich?

Sowas wünscht man sich normalerweise

Antworten erhalten wir von einem Profi: Kilian Ebert ist Geschäftsführer der Agentur SocialCom in Luzern. Er hat die Geschichte mitverfolgt und kommt zum Schluss: «Schwieriger Fall!»

Schwierig, weil einerseits die Sympathie im Netz gegenüber der Hoteldirektorin durchaus gross ist – kein Shitstorm also. «Andererseits spricht das Hotel ausländische Gäste an, welche die Sympathiewelle nicht mitbekommen, aber das Englisch von Frau Heller nicht verstehen», sagt Ebert.

«Früher oder später kommt sowas an die Öffentlichkeit und wird der Lächerlichkeit preisgegeben.»

Kilian Ebert, Social-Media-Profi

Schwierig auch, weil das Video authentisch sei, viral abgeht und damit Leute erreicht, an die man sonst nicht käme. «Das wünscht man sich normalerweise bei Social-Media-Werbung», so Ebert. Doch wiederum das Aber: «Das Video hat eine ernsthafte Botschaft, es ist ein Haus mit Geschichte, mit wertvoller Architektur, da wäre es geschickter, auf einen Profisprecher zurückzugreifen», sagt er. Ohne gleich an Authentizität zu verlieren: «Die Direktorin könnte man trotzdem einbinden, allenfalls mit einer Off-Stimme.»

Perfekt im Zeitgeist

Die Reaktion von Brigitte Heller – die Sache mit Humor zu nehmen – sei trotzdem die einzig richtige in dieser Situation. «Ich hätte es auch so gehandhabt und das Video nicht gelöscht, das ist eher kontraproduktiv», so Ebert. Also lieber dazu stehen – und wenn nicht, müsse man sich vorher überlegen, was man veröffentlicht.

Hoteldirektorin Brigitte Heller: «Das bin ich, es ist authentisch.»  (Bild: Screenshot Youtube)

Hoteldirektorin Brigitte Heller: «Das bin ich, es ist authentisch.»  (Bild: Screenshot Youtube)

So oder so, diese Geschichte passe perfekt in den Zeitgeist der Medien und der Öffentlichkeit. «Früher oder später kommt sowas an die Öffentlichkeit und werde der Lächerlichkeit preisgegeben», sagt Ebert. In diesem Fall nicht ganz zu unrecht.

«Die Kacke ist gehörig am Dampfen»

Auch Manuel Naranjo, professioneller Werbesprecher in Luzern, kann über das Verhalten des Hotels nur noch den Kopf schütteln. Nachdem gestern der Verwaltungsrat das Video entfernt hatte, schrieb er auf Facebook: «War nicht anders zu erwarten. Das Video war keine gute Werbung für die Klientel eines Viersternehotels.»

Und weiter: «Dass die durch den Kakao gezogene Direktorin sich in den Medien selbstbewusst gab, wird in jedem Mediencoaching so empfohlen. Dass es nun vom Netz genommen wurde, zeigt aber eindeutig, dass in den letzten paar Tagen in der Führungsetage des Hotels die Kacke gehörig am Dampfen gewesen sein muss.»

Auf Nachfrage von zentralplus ergänzt Naranjo: «Dieser Effekt gehört Fischer-Bettwaren, den kann man nicht überstülpen auf ein Viersternehotel. Asiaten und Amerikaner haben einen ganz anderen Sinn für Humor.»

«Mutloser Verwaltungsrat!»

Antworten erhoffen wir uns auch vom Verwaltungsrat des Hotels. Doch dieser kann ganz offensichtlich immer noch nicht über die Sache lachen. Auf Nachfrage von zentralplus wollte man sich nicht weiter zur Geschichte äussern.

«Frau Heller hat etwas Wesentliches erreicht, was überbezahlte Werber vielmals vergeblich versuchen.»

Facebook-User

Dafür äussern sich die User fleissig – und die Mehrheit von ihnen nimmt das Video und Hoteldirektorin Brigitte Heller in Schutz. Dem Verwaltungsrat kommt eindeutig die Rolle des Spielverderbers zu: «Mutloser VR! Natürlich kann man sich darüber streiten, ob das Video nun professionell ist oder nicht. Frau Heller hat etwas Wesentliches erreicht, was überbezahlte Werber vielmals vergeblich versuchen», kommentiert ein User auf Facebook.

Auch die Medien kommen schlecht weg: «Ich finde ich es äusserst überheblich, wenn sich selbsternannte Werber und Aufsatzschreiber gewisser Zeitungen lustig darüber machen.»

«Was soll man da auslachen?»

Das Hotel Monopol habe etwas erreicht, was viele mit viel Aufwand nicht schaffen: Swissness! «Schade! Viele Werber versuchen krampfhaft, mit viel Aufwand ihre beworbenen Produkte mit etwas Swissness zu versehen. Hier kam die Swissness in ihrer reinen Form, sympathisch und echt rüber», so ein User auf Facebook.

«Sie hat einen starken (und charmanten) Akzent, aber der englische Text ist grammatikalisch korrekt.»

Ein Kommentator meint: «Andere zahlen ein Vermögen, um so eine Öffentlichkeit zu erhalten. Schade, dass das Video weg ist; es hatte das Hotel sympathisch wirken lassen.»

Sogar ein «Native English Speaker» nimmt Frau Hoteldirektorin in Schutz: «Sie hat einen starken (und charmanten) Akzent, aber der englische Text ist grammatikalisch korrekt und fehlerfrei. Was soll man da auslachen?»

Und bei «20 Minuten» finden immerhin 65 Prozent der User: «Unglaublich, dass der VR auf diese unbezahlbare Gratiswerbung verzichtet.»

Dominic Deville, übernehmen Sie!

Andere können dem Hotel-Video nur noch mit Ironie beikommen. Ein User auf Facebook kommentiert: «Die Chefin spricht’s und der Chuchiburscht filmt’s mit seinem Smartphone … DIY Forever!»

Radio 3fach aus Luzern macht kurzerhand einen eigenen Spot in schlechtem Englisch: «Se biutiful Radio 3FACH Steischion in Lüsern»

 

Und diese Twitterin konstatiert: «Wär’s nicht so lustig, wär’s fast traurig»:


Selbst SRF-Chefsatiriker Viktor Giacobbo höchstpersönlich hat das Video gesehen: «Ostschweizer Proficiency», meint er trocken:

Und nun? Der Hotel-Clip ist jetzt definitiv ein Fall für die Satiriker. Dominic Deville, übernehmen Sie!

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