Beschimpfungen bei «Du besch vo Lozärn, wenn...»

Rassismus in Luzerner Facebook-Gruppe

Diskriminierung von Andersfarbigen: Das gibt es leider immer noch – auch in der Luzerner Social Media-Welt. (Bild: fotalia)

Eine junge Frau wird auf der bekannten Luzerner Facebook-Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn…» mit rassistischen Sprüchen beleidigt – und bedroht. Die dunkelhäutige Frau ist wütend, tritt aus der Gruppe aus und reicht Strafanzeige ein. Die Geschichte ist kein Einzelfall.

Susi Sauer – so lautet ihr Name auf Facebook – hat genug: «Da ich von fünf Personen persönliche Nachrichten bekommen habe, dass ich nicht in die Gruppe gehöre, nur weil ich eine mokkafarbene Haut habe, trete ich aus dieser Gruppe aus», postet sie erbost auf «Du besch vo Lozärn, wenn…». Eine Sauerei sei das, findet die Bäuerin, die in Luzern aufgewachsen ist, ursprünglich aus Bangladesch stammt und mit sechs Monaten adoptiert wurde.

Tief unter der Gürtellinie

«Mir hat es einfach den Nuggi rausgehauen, als ich das gelesen habe», erzählt sie. Die Nachrichten seien rassistisch und beleidigend. «Ich habe vor ein paar Wochen auf der Luzerner Facebook-Seite etwas zusammen mit meinem Sohn kommentiert», erzählt die junge Frau den Hergang der Geschehnisse. Daraufhin hat sie die negativen Reaktionen erhalten. «Da hiess es etwa, es sollte verboten sein, dass man sich, wenn man dunkelhäutig ist, Luzernerin nennen dürfe. Ich solle mich doch verpissen.» Susi Sauer ist aufgebracht. Unglaublich sei es, dass so etwas in Luzern möglich sei.

«Es hiess auf Facebook, es sollte verboten sein, dass man sich als Dunkelhäutige Luzernerin nennen dürfe. Ich solle mich doch verpissen.»

Susi Sauer, ehemaliges Mitglied von «Du besch vo Lozärn, wenn…»

Susi Sauer lässt sich das nicht einfach so gefallen. Umgehend schreibt sie im oben erwähnten Eintrag, dass sie von solchen Anfeindungen genug habe. Sie sei hier aufgewachsen, im Schulhaus Hubelmatt in Luzern zur Schule gegangen, zahle hier Steuern und habe immer gearbeitet. Sie sei inzwischen Hausfrau, Bäuerin und Mutter. «Und nun muss ich mir von Möchtegern-Luzernern sagen lassen, ich sei hier nicht erwünscht?», schreibt sie in lupenreinem Luzerner Dialekt.

Der Eintrag auf Facebook von Susi Sauer war nur wenige Stunden online.

Der Eintrag auf Facebook von Susi Sauer war nur wenige Stunden online.

(Bild: screenhot facebook)

Facebook-Profil gelöscht

Der Post bleibt nicht lange auf der Facebook-Seite, Susi Sauer löscht ihn, gleichzeitig entfernt sie auch ihr Facebook-Profil. Warum? «Ich habe Drohungen erhalten, jemand schrieb, dass er wisse, wo ich wohne», erzählt die Luzernerin. Daraufhin hat sie einen Anwalt eingeschaltet und Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Angst habe sie zwar nicht, versichert sie. «Dafür habe ich schon zu oft erlebt, dass ich wegen meiner Hautfarbe verunglimpft werde.» Noch heute werde sie tagtäglich damit konfrontiert, dass sie «anders» sei als die «waschechten» Schweizer. Während ihrer Schulzeit sei sie sogar einmal von Skinheads tätlich angegriffen und geschlagen worden. «All diese Dinge finde ich einfach rüüdig traurig», sagt sie nur dazu.

«All diese Dinge finde ich einfach rüüdig traurig.»

Susi Sauer

Es ist nicht das erste Mal, dass auf der Facebook-Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn…» Beleidigungen und Beschimpfungen publiziert werden (zentral+ berichtete). Die Gruppe zählt unterdessen über 11’000 Mitglieder und hat dadurch grosse Beachtung in der Öffentlichkeit. Idee der Seite ist es, die Liebe zu Luzern miteinander zu teilen – so wollte es Thomas Jauch, der die Gruppe im März 2014 gegründet hat. Der Exil-Luzerner lebt in Thun, mit der Seite möchte er seine Verbundenheit zu Luzern bewahren.

Rigoroses Durchgreifen

Neben Bildern und Berichten aus der Stadt und der Umgebung wurden mehr und mehr auch Posts mit aggressiven Inhalten veröffentlicht. Immer öfter waren Gehässigkeiten, Beschimpfungen und Beleidigungen zu lesen. Diese Eigendymanik passte Jauch überhaupt nicht – deshalb griff er rigoros durch: Wer sich nicht anständig verhält, werde ohne Vorwarnung und Rechtfertigung aus der Gruppe ausgeschlossen, sagte Jauch gegenüber zentral+ Anfang Juni.

Seither habe sich die Situation in der Facebook-Gruppe massiv verbessert. Ganz ausschliessen könne man aber solche Vorfälle nicht, sagt Jauch auf Anfrage. «Wir sind unterdessen vier Administratoren, die rund um die Uhr online sind. Deshalb haben wir die Sache im Griff.» Wie war es dennoch möglich, dass Susi Sauer derart beschimpft wurde? «Wir haben ihr geschrieben, dass sie melden soll, wer das war, damit wir die betroffenen Personen sperren können», sagt Jauch. Aber ganz ausschliessen könne man dies halt nicht, fügt er an. «Irgendeinen Tubel gibt es immer.»

Profile werden genau angeschaut

Dennoch habe sich die Zahl der unerwünschten Posts «extrem verringert», versichert Thomas Jauch. Der ehemalige Polizist ist heute Kommunikationschef der CVP in Bern. «Wir schauen bei jedem Aspirant, der in unsere Gruppe will, das Profil genau an.» Leute, die mit Fake-Profilen daherkommen, würden nicht zugelassen. «Je nachdem schreiben wir den Leuten zurück, dann sieht man rasch, wer es ist und ob es eine seriöse Person ist», so Jauch.

 

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