Schriftzüge an Stadtluzerner Gebäuden

1,2 Tonnen Silber und der Sieg über die Mailänder

Hier wurde einst die Luzerner Währung geprägt: im Haus «Zur alten Münz». (Bild: cha)

Schriftzüge an Gebäuden prägen das Bild der Stadt Luzern. Sie erzählen Geschichten der alten Stadt – von der damaligen Gesellschaft, dem ehemaligen Münzwesen oder einem Helden, der die Eidgenossen zum Sieg über die Schwaben führte.

Aufmerksamen dürften sie nicht entangen sein: Die zahlreichen Schriftzüge, die von Stadtluzerner Gebäuden ragen. Im zweiten Teil zu den Schriftzügen in der Stadt Luzern erklärt Historiker und Journalist Stefan Ragaz, wie viel Kilogramm Silber der Stadtstaat Luzern einst besass und weshalb die Krienbrücke einst eine wichtige Handelsroute war.

Prägen und prägen lassen

Das Haus «Zur alten Münz» befindet sich in der unscheinbaren «Münzgasse», in unmittelbarer Nähe zum «Wilden Mann». Wer sein Münz prägen lassen wollte, kam früher nicht um das Haus herum. Auch schweizweit hatte das Haus in Luzern seine Wichtigkeit. Denn Luzern war im 16. Jahrhundert gar der wichtigste Kreditgeber unter den eidgenössischen Stadtstaaten.

Doch eines nach dem anderen: 1418 erhielt Luzern das Münzrecht. Es war damals eines der wichtigsten Rechte der Landeshoheit. König Sigismund gewährte das Privileg, nachdem die Münzstätte der Habsburger in Zofingen untergegangen war. Luzern hatte den Anspruch auf eine eigenen Währung schon 1417 formuliert. Recht auf Ohmgeld, Pfundzoll (entscheidend für Staatseinnahmen), befreite die Stadt vom Hofgericht des Reichs und von den Landgerichten.

Haller, Angster und Schillinge

In der eigenen Münzstätte an der Reuss wurden vor allem Kleinmünzen geschlagen. Sie hiessen Haller, Angster und Schillinge und waren Silbermünzen. Zofingen hatte zuvor noch die Pfenninge verwendet. Später wurden dann auch Dicken und Batzen geprägt, ab 1518 sogar Gulden und Dukaten. Die übliche Währung der Fernhändler war der rheinische Gulden.

Der Feingehalt und das Gewicht der Münzen sollte sich an anderen Reichsstätten orientieren, hatte König Sigismund vorgeschrieben. Oftmals kam es zu Streitereien zwischen dem Rat und dem Münzmeister, weil das Gewicht der Münzen nicht stimmte.

Es waren auch immer wieder Klagen wegen Falschgeld zu hören. Wenn es um Pensionen ging, wurde das «walsche» Geld zu einem Synonym für das «valsche» Geld. Vor allem die mailändischen Zahlungen sorgten für Zusammenstösse auf dem diplomatischen Parkett. 1520 war sogar ein Verbot der mailändischen Münzen gefordert.

Finanzpolitik und Bedeutung des Geldes im alten Luzern

Luzern war ein schlanker Staat, der vom Leitgedanken des 15. Jahrhunderts geprägt war: Unabhängig vom Volk (keine direkten Steuern), unabhängig von Bündnisgeldern aus dem Ausland. Schulden wurden sofort abbezahlt und Reserven angelegt. 1570 hatte Luzern ein Barvermögen von 150 Kilogramm Gold, 1'200 Kilogramm Silber. Dieses wurde im Wasserturm aufbewahrt und entsprach dem Achtfachen des jährlichen Haushalts.

Luzern als Nationalbank

Anfang des 16. Jahrhunderts war Luzern gar der wichtigste Geldverleiher unter den eidgenössischen Stadtstaaten. Kredite wurden an den eigenen Adel, aber auch Fürste, Äbte und Bischöfe im Ausland gewährt. Das Besondere: Verwaltet wurden diese Geschäfte nicht von einer Staatsbank, sondern einem Säckelmeister. Zwischenzeitlich wurde 1703 eine neue Münzstätte bei der Spreuerbrücke am Mühlenplatz erbaut, die heute eine Privatbank ist. Luzern hielt seine Münzhoheit bis 1848, als der Bundesstaat für das Münzwesen zuständig wurde.

Anstelle des ersten Münzhauses steht heute das Gebäude der Korporation Luzern. 1924 fügte Emilie Estermann das historische Gebäude ihrem Besitz hinzu. Sie war es auch, die damals das Hotel und Restaurant «Wilden Mann» führte. Heute gehört das Haus noch immer zum Hotel und kann für ein mittelalterliches Mahl oder Privatanlässe gemietet werden.

Die grosse Angst vor dem Wildbach

(Bild: cha)

Die Aufschrift dieses Gebäudes an der Burgerstrasse ist auf einen ehemaligen Wildbach zurückzuführen – und auf eine gleichnamige Brücke, die die Händler sicher zum Platz «am Wasser» führte. Der Krienbach: Vom Pilatusnordhang durch Kriens und die Luzerner Kleinstadt in die Reuss fliessender Wildbach, der immer wieder schwere Überschwemmungen verursachte (u.a. 1343, 1473, 1532, 1544, 1566, 1629, 1720, gravierend 1738, auch im 19. und 20. Jahrhundert). Der im 19. und 20. Jahrhundert weitgehend überdeckte Krienbach (Trambahnbau um 1900) war aber nicht nur jahrhundertelang ein Schicksalsbach für Kriens und Luzern. Er ermöglichte auch die Ansiedlung zahlreicher wasserradgetriebener Gewerbe (ab 1417 belegt) und später Fabriken (Maschinenfabrik Bell in Kriens).

Vor dem 16. Jahrhundert wurden die Überschwemmungen noch mit der Pilatussage erklärt. In der Neustadt wurde der Krienbach im Jahr 1890 kanalisiert und überdeckt, worauf auch die Krienbrücke verschwand. Der gewonnene Raum kam der Strasse zu Gute, weshalb sie breiter ist als die mittelalterlichen Strassen und Gassen. Weil der Bach so gefährlich war, machte die ursprüngliche Strasse über die Brücke einen relativ weiten Bogen um die Bachmündung – über die Pfister- und Münzgasse.

Eine der wenigen befahrbaren Brücken damals

Seit dem Mittelalter war die Kleinstadt eine Transitroute für Händler, die ihre Waren von Norden gegen Süden verschifften. Damals fuhren sie mit Ross und Wagen durch das Baslertor in die Stadt ein, durch die Pfistergasse über die Krienbrücke zum Platz «am Wasser» (dort, wo heute die Jesuitenkirche steht). Auf dem Platz wurde aus- und umgeladen, anschliessend die Waren auf die verschiedenen Märkte entlang des Reussufers verteilt oder eben zum Seeufer gebracht. Ab dem 16. Jahrhundert, genauer ab 1545, nach dem Bau des Zollhauses am Kapellplatz, führte die Route über die Reussbrücke durch die Altstadt vor das Hoftor, dem heutigen Schwanenplatz.

In der Stadt Luzern gab es anfänglich nur wenige Brücken. Nur die Reussbrücke, die Weggisbrugg (vor dem Schwarztor) und eben die Krienbrücke waren über den Stadtkanal (Grendelkanal) befahrbar. Spreuer- und Kapellbrücke waren für den Warentransport gesperrt. Zuletzt war das mit Krienbrücke beschriftete Gebäude eine Beiz mit Bordell. Es dient noch immer als Kontaktbar.

Im ehemaligen Gartenland

(Bild: cha)

Das Haus mit der Aufschrift «Trutzhus» liegt an der Mariahilfgasse im Gebiet der Musegghalde. Es befindet sich somit zwischen den früheren inneren und äusseren Befestigungsringen. Ursprünglich war die Musegghalde Gartenland und wurde ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sukzessive mit repräsentativen Gebäuden überbaut.

Die Baugeschichte umfasst mehrere Phasen: 1764 wurde auf der Bauparzelle ein zum Cysathus (gleich nebenan) gehörendes Gärtnerhaus erstellt. An desse Ostseite erfolgte in den Jahren 1825/26 der Anbau des heutigen Trutzhauses. 1932 wurde das ehemalige Gärtnerhaus vollständig abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt.

In den Garten des ehemaligen Stadtschreibers gebaut

(Bild: cha)

Der Schriftzug «Zacharias› Garten» steht in engem Zusammenhang mit dem Cysathus, das seinen Namen vom ehemaligen Stadtschreiber Renward Cysat erhielt. Laut einer Tafel über dem Hauseingang heisst das Haus so, weil es in den Garten des ehemaligen Stadtschreibers und Literaten Zacharias Bletz (1511 bis 1570) gebaut wurde. Er war der Vorvorgänger von Renward Cysat – und eine ziemlich markante Persönlichkeit jener Zeit, wie aus dem Historischen Lexikon der Schweiz hervorgeht:

1511 wurde Zacharias Bletz als Sohn eines Schulmeisters in Zug geboren. Bletz erhielt 1549 von Kaiser Karl V das Notariat, 1551 einen Adelsbrief und nannte sich in der Folge Bletz zur Rosen. Ab 1566 war er ebenfalls Päpstlicher Notar. Zacharias Bletz besass mehrere Häuser in Luzern, betrieb Kreditgeschäfte und handelte mit Wein und Blei. Er war ausserdem Mitglied der Zunft zu Safran. Von 1566 bis zu seinem Tod amtete er als Stadtschreiber.

Das «Spil dess jüngsten Gerichts»

Als Leiter der Luzerner Festspiele leitete Zacharias Bletz von 1545 bis 1560 das Oster- und Passionsspiel, dessen älteste erhaltene Handschrift von ihm stammt. Während der Leitung musste er die Zahl der Rollen gegenüber der älteren Fassungen stark erweitern, da immer mehr Leute an der Ehre der Mitwirkung teilhaben wollten. Besonderes Gewicht erhielten darin die antireformatorischen Predigten. Ab 1541 arbeitete Bletz am «Luzerner Antichrist- und Weltgerichtsspiel» («Spil dess jüngsten Gerichts»), das 1549 in zwei Teilen aufgeführt wurde.

Zum «Cysathus»: Ursprünglich wohnte der Stadtschreiber Renward Cysat (1545 bis 1614) mit seiner Familie am Weinmarkt. 1574 erwarbt er einen Gemüsegarten vor dem Grabentor am Musegghang. Als Cysat 1578 auch noch einen angrenzenden Baumgarten kaufen konnte, baute er noch im gleichen Jahr ein grosses Landhaus, das noch heute existierende Cysathaus (Bild).

(Bild: cha)

Zwölf Pferde für ein Geschütz

(Bild: cha)

Das Gebäude am Hirschenplatz erinnert mit seiner Aufschrift an die entscheidende Schlacht im Schwabenkrieg zu Gunsten der Eidgenossen. Erbeutet wurde damals auch ein grosses Geschütz, das so schwer war, dass ein Dutzend Pferde benötigt wurde, um dieses nach Luzern zu schaffen.

1499 schlug die grosse Stunde von Petermann Feer. Er führte mit einem Gewaltmarsch seine Truppen nach Dornach (Solothurn), wo Feer am 22. Juli die Schlacht für die Eidgenossen entschied. Er galt somit als Held von Dornach. 1502 wurde Feer erstmals Schultheiss von Luzern, wiederholt in den Jahren 1504, 1506, 1512 und 1517. Im Jahre 1518 führte Petermann Feer den Titel eines Ritters, im nächsten Jahr starb er schliesslich an der Pest.

Belagerungsgeschütz mit 20-Zentimeter-Kaliber

Nach der entscheidenden Schlacht von 1499 ist die Beute verteilt worden. Luzern erhält damals ein schweres Belagerungsgeschütz. Diebold Schilling schreibt, dass es zwölf Pferde brauchte, um die Kartune nach Luzern und durch das Baslertor zu schaffen. Das exakte Gewicht des Geschützes ist nicht bekannt. In den Beuteverzeichnissen der Eidgenossen wird jedoch ein Geschütz beschrieben, das 27 Zentner (1,4 Tonnen) wog, eine Rohrlänge von 1,58 Metern und ein Kaliber von 20 Zentimetern hatte. Das Belagerungsgeschütz konnte 10 Kilogramm schwere Steinkugeln über eine Distanz von 300 Metern schleudern.

1888, im Jahr als die Inschrift auf dem Gebäude entstand, als sich Liberale und Konservative versöhnten, war auch die Zeit des europäischen Nationalismus. Damals hatte das Gedenken an die Heldentaten der alten Eidgenossen eine besondere Bedeutung. Deshalb auch die Inschrift «traditum est memoriae»: «Es ist dem Gedächtnis überliefert.»

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