Pakete und Briefe gestohlen

Luzerner Postbeamter auf «Rachefeldzug»

Ein Postbeamter hat Briefe und Pakete aus dem Verteilzentrum in Kriens gestohlen. Er erbeutete so mindestens 113'130 Franken. (Bild: Symbolbild zentral+)

Ein ehemaliger Postbeamter hat während rund drei Jahren Pakete und Briefe aus dem Verteilzentrum gestohlen. Die Polizei fand bei ihm zu Hause mehrere Wertgegenstände im Wert von 113’130 Franken. Doch er habe nicht aus finanziellen Gründen gestohlen, sagt der 38-jährige Mann. Es sei ein Racheakt gewesen. Nun urteilt das Gericht über den Fall.

Vor genau vier Jahren häuften sich bei der Luzerner Post Reklamationen von Kunden, weil ihre Pakete und Briefe nie bei den Adressaten ankamen. Es ging um Schmuck, Bargeld und andere Wertsachen, die verschwanden. Die Spur führte zu einem unzufriedenen Mitarbeiter der Post.

Heute Mittwoch stand dieser – ein 38-jähriger Portugiese – vor dem Luzerner Kriminalgericht. Er wurde des mehrfachen Diebstahls sowie der mehrfachen Verletzung gegen das Post- und Fernmeldegeheimnis angeklagt. 

Während rund drei Jahren hatte der damalige Postbeamte Pakete und Briefe im Wert von mindestens 113’130 Franken aus dem Verteilzentrum in Kriens entwendet und bei sich in der Wohnung gelagert. Das geschah im Zeitraum vom Oktober 2008 bis Juni 2011. Der Beschuldigte war zum grössten Teil geständig. «Es war der grösste Fehler meines Lebens», sagt er heute.

Wer ist der Besitzer?

Die Polizei verhaftete den Mann am 30. Juni 2011. Sie durchsuchte das Haus – damals wohnte er bei seinen Eltern in Emmenbrücke – und das Auto des Beschuldigten. Im Auto fand die Polizei in einem Sack die Beute vom Vortag: 100 Briefe. In der Wohnung hatte er den Schmuck und weitere Wertgegenstände in einem Koffer unter dem Bett aufbewahrt. Bei Gegenständen im Wert von 50’000 Franken konnten die rechtmässigen Besitzer ermittelt werden. Bei anderen Wertsachen im Wert von 60’000 Franken war das nicht mehr möglich. Zum Beispiel fand die Polizei zwei Tickets für das Open-Air Greenfield. Beide hatten einen Wert von rund 300 Franken.

Die Liste der beschlagnahmten Gegenstände ist lang, bei den meisten war der Portugiese geständig, sie gestohlen zu haben. Doch nicht bei allen. Bei einigen Gegenständen gab er an, dass sie ihm gehören würden. Bis heute herrschen aber Zweifel daran. Zum Beispiel geht es um einen Damenring im Wert von 1000 Franken oder eine Münze im Wert von 2500 Franken. Auf Nachfrage des Gerichts konnte der Angeklagte nicht genau erklären, woher er die Gegenstände hat. «Ich habe sie bekommen oder gekauft, ich habe keine Ahnung mehr», antwortete er. «Münzen habe ich eigentlich immer ein wenig gesammelt.» Als er zu den Eltern gezogen sei, habe er halt alles in Kisten verpackt, doch woher die einzelnen Gegenstände sind, könne er nicht mehr genau sagen. Wie er denn die Münze im Wert von 2500 Franken finanziert habe, wollte das Gericht wissen. «Ich habe nicht mal gewusst, welchen Wert die Münze überhaupt hat.» Sie stamme vielleicht von einer Ex-Freundin oder bei einer seiner Reisen, genau könne er das nicht sagen.

Eine Racheakt

«Es war ein Rachefeldzug», sagte der Beschuldigte, der damals zwischen 70 und 80 Prozent bei der Post angestellt war – allerdings mit Unterbrüchen, die das Gericht heute nicht mehr genau eruieren konnte. Er habe aus Enttäuschung dem Arbeitgeber gegenüber gehandelt und nicht aus finanziellen Gründen. Das Ziel des Beschuldigten sei eine 100-Prozent-Anstellung gewesen, wie er sagte. Er habe sich aber herumgeschubst gefühlt von einer Abteilung zur nächsten ohne eine Erhöhung der Stellenprozente. «Ich habe beobachtet, wie andere kamen und direkt angestellt wurden. Ich habe mich verarscht gefühlt.» Also habe er sich rächen wollen.

Doch er traf damit die Falschen. Unter den gestohlenen Briefen fand die Polizei auch Bewerbungsunterlagen, die nun wegen ihm nie ankamen. «Das tut mir heute noch leid. Ich war naiv und habe nicht darüber nachgedacht, dass es die falschen Leute trifft.» Zudem habe er zu dieser Zeit auch Drogen konsumiert. «Ich war in einem Loch», sagt er heute.

Aussagen «nicht sehr glaubwürdig»

Die Luzerner Staatsanwaltschaft forderte eine bedingte Freiheitsstrafe in der Höhe von zwei Jahren. Das Verschulden wiege nicht leicht. Für sie war klar: «Die gefundenen 100 Briefe waren nur die Spitze des Eisbergs.» Wie viel der 38-Jährige effektiv gestohlen hatte, sei schlicht nicht mehr zu ermitteln gewesen. Auch die Aussagen des Beschuldigten bezeichnete die Staatsanwaltschaft als «nicht sehr glaubwürdig – zumindest nicht sehr überzeugend.» 

Der Beschuldigte gab seine Tat zu und zeigte Reue vor dem Gericht. Dennoch forderte seine Verteidigung eine tiefere Strafe. «Aus Sicht der Verteidigung ist die Strafe viel zu hoch.» Denn anders als die Staatsanwaltschaft, sah die Verteidigung den Tatbestand des mehrfachen gewerbsmässigen Diebstahls als nicht gegeben. Weiter sagt die Verteidigung: «Der Beschuldigte kann nicht für alle Delikte verantwortlich gemacht werden.» Die Deliktsumme soll um den Wert der Gegenstände reduziert werden, die nicht zugeordnet werden konnten und es auch kein Geständnis gibt. Diese Gegenstände sollen eingezogen werden und «soweit möglich zu Gunsten des Staates verwendet werden.» Ob es tatsächlich mehrfacher gewerbsmässiger Diebstahl oder schlicht Diebstahl war, darüber muss nun das Kriminalgericht urteilen. Je nachdem wird die Strafe höher oder eben tiefer ausfallen.

Das letzte Wort hatte der Beschuldigte: «Ich möchte mich bei allen entschuldigen, doch das kann ich leider nicht.»

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