Rasante Entwicklung

Wie schnell darf Hochdorf wachsen?

Bereits aus der Ferne prägen die Baukräne das Hochdorfer Ortsbild. (Bild: cha)

Hochdorf wächst und wächst. Während das Dorf im Seetal momentan rund 9’000 Einwohner zählt, ist es das Ziel der Gemeinde, in den nächsten fünf bis zehn Jahren die 10’000er-Marke zu knacken. Damit sind jedoch nicht alle einverstanden. Die Initiative «Hochdorf wächst langsam» will der Gemeinde den Fuss vom Wachstumspedal nehmen.

Idyllisch im Luzerner Seetal liegt Hochdorf. Grünflächen, Seen und historische Schlösser sind in Griffweite. Doch vermehrt prägen Baukräne die Sicht über das Dorf. Seit mehreren Jahren formiert sich das mittlerweile rund 9000 Seelen zählende Dorf zu einer Stadt. Eine Entwicklung, die vielen Bewohnern Sorge bereitet.

800 Hochdorfer für langsameres Wachstum

Gegen das schnelle Wachstum von Hochdorf regt sich seit Sommer 2013 Widerstand in Form einer Gemeindeinitiative. Nachdem diese im ersten Anlauf vom Gemeinderat für ungültig erklärt und die darauf folgende Stimmrechtsbeschwerde des Initianten Beat Meister abgewiesen wurde, hat es doch noch geklappt. Die Initiative ist Ende August für gültig erklärt worden. Knapp 800 Bürger haben sich für das Vorhaben stark gemacht und ihre Unterschrift abgegeben. Nötig gewesen wären deren 500.

«Die Gemeindeinitiative wird spätestens am 17. August 2015 dem Stimmvolk zur Abstimmung vorgelegt», erklärt der Hochdorfer Gemeinderat Roland Emmenegger, verantwortlich für die Ressorts Bau, Verkehr und Umwelt. Es muss abgeklärt werden, in welcher Form das Wachstum über das Bau- und Zonenreglement gesteuert wird.

Das revidierte Raumplanungsgesetz

Das Ziel des revidierten Raumplanungsgesetzes ist, die Kantone in der Raumplanung an die kürzere Leine zu nehmen. Die Kantone verpflichten sich, ihre Bauzonen auf den Bedarf von 15 Jahren auszurichten. Denn in der Vergangenheit kam es durch eine ungenügende Umsetzung einiger Kantone der Bundesvorgaben in einigen Regionen zu Landverschleiss und Zersiedlung.

Konkret wird verlangt, dass das Bevölkerungswachstum im fünfjährigen Durchschnitt 0,7 Prozent pro Jahr nicht übersteigt. Dazu soll die Gemeinde die Zonenplanung entsprechend gestalten, um diesen Wert einzuhalten. «Der Auslöser zur Lancierung der Initiative war die Annahme des revidierten Raumplanungsgesetzes vom März 2013. In Hochdorf haben besonders viele Stimmbürger Ja zur Revision gesagt», erklärt Initiant Beat Meister.

«Hochdorfer sollen aktiv am Siedlungsbild mitbestimmen können»

Im neuen kantonalen Richtplan ist ebenfalls festgehalten, dass das Wachstum nicht mehr als 0,7 Prozent übersteigen soll, so Meister weiter. «Die Initative ist grundsätzlich ein Bekenntnis zum ländlichen Raum», der sich in Hochdorf langsam dem Ende zuneige. Mit der Abstimmungsvorlage verfolgt Meister drei Ziele: «Primär will ich, dass die Leute abstimmen und so aktiv am Hochdorfer Siedlungsbild mitbestimmen können. Zweitens soll die Gemeindeinitiative dem Raumplanungsgesetz zum Durchbruch verhelfen und zuletzt soll mit der Abstimmungsvorlage der Druck vermindert werden, ständig neue Strassen bauen zu müssen.»

Täglich bis 15’000 Fahrzeuge

Das scheint auch bitter nötig, denn die Verkehrssituation in Hochdorf ist prekär. Im Zeitraum von Januar 2011 bis Ende 2013 kam es zu elf Unfällen auf der Hochdorfer Hauptstrasse, darunter drei Fussgängerunfälle. Während einer dieser Unfälle noch glimpflich verlief, kam es bei den beiden anderen zu Schwerverletzten.

«Mit der Abstimmungsvorlage soll der Druck vermindert werden, ständig neue Strassen bauen zu müssen»

Beat Meister, Initiant

Täglich verkehren rund 12’000 bis 15’000 Fahrzeuge – darunter auch eine Vielzahl an Lastwagen – auf der Hauptstrasse. Besonders gefährlich ist die Situation für Schulkinder, die diese viel befahrene Strasse täglich queren müssen. Unabhängig von der Realisierung der Umfahrungsstrasse, die auf regen Widerstand stösst (zentral+ berichtete), will die Gemeinde also mit gestalterischen Massnahmen für grössere Sicherheit sorgen. Konkret sollen Abschnitte der Hauptstrasse im Dorfkern beispielsweise mit Mehrzweckstreifen oder Platzgestaltungen versehen werden.

Zwei Altersheime und drei Tankstellenshops

Die Infrastruktur des Seetaler Dorfes spricht bereits die Sprache einer angehenden Kleinstadt. In Hochdorf selbst gibt es unter anderem zwei S-Bahn-Haltestellen, Schulen für jegliche Stufen, zwei Altersheime, fünf Banken, drei Tankstellenshops, Tennis- und Fussballplätze und ein Eisfeld. Zudem wächst das Industrieareal stetig. Gerade erst beehrten ein «Coop Bau&Hobby» sowie eine «Lidl»-Filiale das Areal im Süden Hochdorfs. Bereits seit längerer Zeit haben dort die 4B Bachmann AG und die Firma «Hochdorf» ihre Domizile.

Damit wird die Gemeinde ihrem wirtschaftlichen Ziel, in den nächsten zwölf Jahren 600 neue Arbeitsplätze zu schaffen, gerecht. Ebenfalls im Entwicklungsplan festgehalten ist dazu die Aufwertung des Hochdorfer Dorfzentrums. Es soll vermehrt zum attraktiven Einkaufs- und Dienstleistungsort für die gesamte Region werden.

723 Wohnungen innert knapp zehn Jahren gebaut

Innert dreizehn Jahren hat die Wohnbevölkerung um knapp 17,3 Prozent zugenommen. Im Jahr 2000 zählte Hochdorf 7761 Einwohner, wobei diese Zahl im Jahr 2013 auf 9101 gestiegen ist. Das durchschnittliche Bevölkerungswachstum der Jahre 2010 bis 2013 beträgt 1,52 Prozent.

«Ich möchte nicht, dass Hochdorf ‹verstädtert›»

Beat Meister

Der ländliche Einfluss ist zwar (noch) nicht abhanden gekommen. Hochdorf ist umgeben von Ackern, Wiesen und Wäldern. Die Landwirtschaft wird jedoch zwischen Wohnhäuser gezwängt, deren Zahl stetig zunimmt. Innerhalb der Jahre 2003 bis 2012 sind 723 neue Wohnungen gebaut worden. Davon sind 16 Prozent (116) Einfamilienhäuser. Insgesamt macht der Anteil der Einfamilienhäuser 17,1 Prozent aller Wohngebäude aus.

Mit der Initiative bekenne sich Beat Meister als «Hüter der Kulturlandschaft», wie er selbst sagt. «Die Landwirtschaft wird immer stärker verdrängt, Kulturlandschaft verbaut. Die Abstimmungsvorlage möchte betreffend der Entwicklung den Fuss vom Gaspedal nehmen, um mehr Zeit für eine bessere Lösung zu schaffen. Ich möchte nicht, dass Hochdorf ‹verstädtert›.»

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