Udligenswil geht wegen Kraftwerk vor Bundesgericht

Giftpfeile gegen Kanton und Nachbargemeinde

Das geplante Energiezentrum Haltikon: Die Agro Energie Rigi versorgt in Zukunft die ganze Region mit nachhaltigem, CO2-neutralem Strom und Wärme. So können jährlich über 7,5 Millionen Liter Heizöl eingespart werden.

(Bild: Agro Energie Rigi)

In Udligenswil ist bei einer Sägerei ein Heizkraftwerk geplant. Weil aber gar nicht das Altholz dieser Sägerei verwendet wird, gibt’s nun ordentlich Knatsch. Die Gemeinde zieht vor Bundesgericht.

Der Gemeinderat Udligenswil respektiert die Notwendigkeit alternativer Energiegewinnung und bekämpft deshalb das geplante Heizkraftwerk nicht generell, schreibt er in einer Mitteilung. Die Projektführerin «Agro Energie Rigi» verfolge primär die Stromproduktion. Heute ist vorgesehen, dass das von der Schilliger Holz AG an Ort anfallende Holz teilweise wegtransportiert und stattdessen das Heizkraftwerk mit zugeführtem Altholz betrieben wird. Aus Sicht des Gemeinderates ist das Werk überdimensioniert, wodurch eine Zunahme der Schadstoff- und Verkehrsbelastung zu befürchten ist. Zudem sieht er die Sicherheit der Wasserfassung Bunnig als gefährdet.

Initiant zeigt sich enttäuscht

Urs Rhyner von der «Agro Energie AG» sagt gegenüber zentralplus: «Wir nehmen enttäuscht vom Entscheid der Beschwerdeführer Kenntnis und müssen feststellen, dass versucht wird, alternative Fakten zu schaffen. Dies enttäuscht insbesondere, weil sich ein Gemeinwesen gegen Arbeitsplätze und Infrastrukturinvestitionen wehrt.»

Keine Bindung an Standort des Sägewerks

Dem Vorhaben der Agro Engerie AG, bei der Schilliger Holz AG anfallendes Holz an Ort zu verwerten und die damit gewonnene Energie sinnvoll zu nutzen, steht der Gemeinderat Udligenswil unverändert positiv gegenüber. Wohl aus wirtschaftlichen Überlegungen würde die Initianten jedoch unbeschränkt Altholz zuführen wollen. Zu einem grossen Teil soll das an Ort anfallende Holz wegtransportiert und das Heizkraftwerk stattdessen mit Altholz betrieben werden. Aus Sicht des Gemeinderates entfällt damit jegliche Bindung an den Standort des bestehenden Sägewerkes.

Der Entscheid des Verwaltungsgerichts Schwyz geht in allen Punkten von der Annahme aus, das Heizkraftwerk würde vorwiegend mit Abfallprodukten aus der Sägerei geführt. Namentlich die Nichteinhaltung des Waldabstandes soll wird mit dieser Rechtfertigung toleriert. Garantien für diese Annahme gibt es jedoch nicht und wurden auch der Gemeinde stets verweigert. Verkehr und Immissionen der Altholzverwertung werden zum grössten Teil Udligenswil belasten.

Baptist Reichmuth (links) und Ernest Schilliger vor dem Baugespann – sie sind die Initianten des modernsten Holzkraftwerkes der Schweiz.

Baptist Reichmuth (links) und Ernest Schilliger vor dem Baugespann – sie sind die Initianten des modernsten Holzkraftwerkes der Schweiz.

(Bild: Gabi Vogt)

Knatsch um «Zonenkorrekturen»

Der Landbedarf für das Projekt erstreckt sich auf knapp 300 Quadratmeter in der Landwirtschaftszone. Während hängiger Einsprache gegen die Baubewilligung hat der Bezirksrat Küssnacht diese Teilfläche ohne Zonenplanänderung als so genannte «Zonengrenzenkorrektur» in die Industriezone überführt. Dieser Entscheid wurde separat gefällt und den Beschwerdeführern nie eröffnet. Das Verwaltungsgericht hält ihnen nun vor, es widerspräche Treu und Glauben, den Eröffnungsmangel erst Monate später mit der Beschwerde gegen die Baubewilligung geltend gemacht zu haben. Die Gemeinde Udligenswil hätte durch die Publikation im Schwyzer Amtsblatt früher Kenntnis vom Entscheid erlangt. Dieser Vorhalt ist verfehlt.

Es widerspricht, Treu und Glauben ohne jegliche Information der Nachbargemeinde einen Entscheid zu fällen im Wissen, dass dieser für ein hängiges Bauprojekt von grösster Bedeutung ist und auch die Nachbargemeinde in ihren eigenen Interessen betrifft. Zudem hatten die privaten Einsprecher die Zonenverschiebung über eine «Zonengrenzenkorrektur» bereits im Baubewilligungsverfahren schriftlich bemängelt.

Vor kurzem brannte die Sägerei

In der Presse war zu lesen, der Gemeinderat Udligenswil habe eine «Ohrfeige» erhalten, weil der Gemeinde die Beschwerdelegitimation aberkennt worden sei. Tatsache sei, dass das Verwaltungsgericht die Legitimation der Gemeinde nicht abschliessend geprüft hat, weil zumindest eine private Beschwerdeführerin fraglos legitimiert sei. Auch in seinen Überlegungen zur Legitimation gehe das Gericht von der unrichtigen Annahme aus, es würden bloss Abfälle aus dem Sägewerk verwertet und die Immissionen seien deshalb gering, so der Gemeinderat.

Das Verwaltungsgericht hat seinen Entscheid am 21. Dezember 2016 gefällt. Am 9. Januar 2017 brannten in nächster Nähe des geplanten Vorhabens zwei Hallen der Schilliger Holz AG nieder (zentralplus berichtete). Aus Udligenswil musste in enormen Mengen Löschwasser zugeführt werden. Um ein Übergreifen des Feuers auf den unmittelbar anschliessenden Wald zu verhindern, fällte die Udligenswiler Feuerwehr eine ganze Baumreihe. Dass nun zusätzlich zur bestehenden Industrie ein Heizkraft im Unterabstand an den Wald gebaut werden soll, erscheint auch in dieser Hinsicht unverantwortlich.

Unter anderem aus diesen Gründen haben die Gemeinde Udligenswil und die weiteren Einsprecher entschieden, gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Beschwerde beim Bundesgericht einzulegen. Die Kosten des Rechtsverfahrens werden wie bisher gemeinsam getragen.

Gemeinde will politische Lösung

Im ganzen Prozess hätten sich der Gemeinderat Udligenswil mehr Unterstützung seitens des Kantons Luzern erhofft und eine politische Einigung bevorzugt. Verhandlungen über eine Begrenzung der Altholzzufuhr würde der Gemeinderat weiterhin begrüssen und einer rein juristischen Lösung vorgezogen.

Da der Gemeinderat Udligenswil alles daran setzt, die Immissionen zu Lasten der Udligenswiler Bevölkerung zu minimieren, sei die Ausschöpfung der Rechtsmittel derzeit leider der einzige Weg.

Und so soll die Energiegewinnung funktionieren:

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