Anonymes Schreiben verteidigt Demo in Luzern

Offener Brief spricht von «Stadtbelebungsspaziergang»

Saubannerzug durch Luzern: Die demonstrierenden Personen am 9. Dezember 2016.

(Bild: Leserbild)

Am 9. Dezember zog eine Gruppe durch die Luzerner Neustadt und versprayte zahlreiche Gebäude mit Parolen. Die Aktion sorgte für viel Unmut, von «Chaoten» und einem «Saubannerzug» war die Rede. In einem Offenen Brief wird nun die Kritik an der unbewilligten Demonstration zurückgewiesen.

Rund 70 Personen zogen am Abend des 9. Dezembers durch die Luzerner Strassen und sprayten Parolen an zahlreiche Gebäude. Passanten berichteten von Pfefferspray-Angriffen, die Polizei sprach von einer unbewilligten Demonstration aus linksextremen Kreisen (zentralplus berichtete).

In einem Offenen Brief wehrt sich nun eine anonyme Urheberschaft gegen die harschen Reaktionen auf den Umzug. Im Schreiben, das zentralplus vorliegt, kritisiert sie die einseitige Fokussierung der Öffentlichkeit auf die Sachbeschädigungen. Es sei der Gruppe darum gegangen, «sich den öffentlichen Raum auf selbstbestimmte Weise anzueignen». Im Schreiben ist denn auch von einem «Stadtbelebungsspaziergang» und «lebendigen Umzug» die Rede – dass die Schlagworte «Saubannerzug» und «Chaoten» die Debatte prägten, wird kritisiert. Dass in der Öffentlichkeit wegen «ein bisschen Farbe an Fassaden» solche Superlativen verwendet würden, zeuge von Arroganz und Spiessbürgerlichkeit.

Die Gruppe hatte während des Umzugs zahlreiche Parolen an die Fassaden von öffentlichen Gebäuden, der Kirche, der Polizei und der Kantonalbank gesprayt. Im Offenen Brief wird bedauert, dass die «kritischen Gedanken» nicht wahrgenommen worden seien. «In einer Stadt, die in erster Linie als Kulisse für Konsum, Tourismus, schöne Lichter und noch mehr Konsum dient, sind Menschen, die sich (re)aktiv mit dem Geschehen auseinandersetzen, wichtig», steht im Schreiben.

Die Demonstranten verursachten mit ihren Sprayereien einige tausend Franken Sachschaden.

Die Demonstranten verursachten mit ihren Sprayereien einige tausend Franken Sachschaden.

(Bild: Blick.ch)

Auch der Vorwurf, dass der Umzug ohne Bewilligung stattfand, und manche Teilnehmer vermummt waren, wird im Offenen Brief thematisiert. Dass dies passiert sei, sei darauf zurückzuführen, dass «es keine Bewilligung braucht, um seine Meinung auszudrücken und wütend zu sein». Dass im Rahmen des Umzugs Passanten angegriffen worden seien und den Eigentümern teilweise hohe Kosten entstanden, darauf wird hingegen nicht eingegangen.

Ganz so entspannt wie die Verfasser des Offenen Briefes sehen es nicht alle. Wie die Polizei gegenüber der «Luzerner Zeitung» sagte, haben inzwischen rund 20 Betroffene Anzeige erstattet, zudem wurden knapp 70 Sachbeschädigungen gezählt. Die Luzerner Polizei und die Katholische Kirche der Stadt haben die Sprayereien dieses Wochenende entfernt – zumindest ansatzweise. An beiden Gebäuden konnte die Farbe nicht vollends entfernt oder überdeckt werden. Die Kirche rechnet gemäss der LZ mit Reinigungskosten von rund 5000 Franken, beim Polizeigebäude schätzt man die Kosten auf ungefähr 10’000 Franken. Zu Festnahmen kam es am Abend des Umzugs nicht, da die Polizei eine Eskalation befürchtete und daher nicht einschritt – was im Nachhinein für Kritik sorgte.

 

 

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