Kommt's zur Steuererhöhung wegen Kanton?

Emmen boomt – macht aber weiter Schulden und baut Leistungen ab

Stilleben auf der Seetalplatz-Baustelle.

(Bild: jwy)

Trotz Anstrengungen und trotz Bauboom: Die zweitgrösste Luzerner Gemeinde rechnet für 2017 mit einem Defizit von 1,7 Millionen Franken. Die Gemeinde scheint Opfer des eigenen Erfolgs zu werden. Weiteres Sparen ist angesagt.

«Vielfältige Herausforderungen»: Diese beschönigenden Worte lassen erahnen, dass es für Emmen ein rechter Knorz war, für nächstes Jahr ein Budget hinzubekommen. Die Gemeinde budgetiert für 2017 folgendermassen: Bei einem Aufwand von gut 150,8 Millionen Franken und einem Ertrag von 149,1 Millionen bleibt unter dem Strich ein Verlust von 1,7 Millionen. Aufwand und Ertrag liegen im Bereich von 2016, doch der Verlust war mit 880’000 Franken geringer budgetiert.

Lage bleibt angespannt

Die Finanzsituation der Gemeinde Emmen bleibt also auch in der Wachstumsphase angespannt. «Emmen prosperiert, Emmen entwickelt sich, Emmen strahlt aus, Emmen boomt», würdigt Finanzdirektor Urs Dickerhof die Gemeinde zwar. Das führe erfreulicherweise dazu, dass die Steuereinnahmen vor allem bei den natürlichen Personen kontinuierlich ansteigen. Emmen hat derzeit rund 30’000 Einwohner – und es werden mehr: In den vergangenen Monaten zogen 3132 Personen nach Emmen.

Doch das «wahrnehmbare Wachstum» führe im Gegenzug eben auch dazu, dass Aufgaben und Herausforderungen der Verwaltung und der Volksschulen ansteigen. «Der Gemeinderat und die Verwaltungen sind in diesem herausfordernden Umfeld stetig bemüht, die politischen Forderungen nach ausgeglichenen Rechnungen und Budgets zu erfüllen», schreibt Urs Dickerhof. Seit Jahren bemühe sich die Verwaltung mit Stabilisierungs- und Sparprogrammen, das stetige Ausgabenwachstum einzudämmen, ohne dabei die Kernaufgaben zu vernachlässigen.

Steigende Ausgaben

Trotzdem steigen die Ausgaben gegenüber 2016 leicht. Obwohl Verwaltung und Schule der Gemeinde Emmen äusserst schlank aufgestellt und die zurückliegenden Sparprogramme immer umgesetzt worden seien. «Der Gemeinderat wird die Massnahmen des Stabilisierungsprogrammes konsequent weiterführen», teilt Dickerhof mit.

Urs Dickerhof

Der Emmer Finanzdirektor Urs Dickerhof.  (Bild: zvg)

Das Budgetdefizit erfordere eine erneute Überprüfung aller Aufgaben und vor allem auch die Prüfung eines Leistungsabbaus. Dies werde vor allem den Bereich betreffen, bei welchem kein expliziter, gesetzlicher Auftrag vorliegt oder den Umfang der nicht detailliert geregelten Aufgaben.

Steuererhöhung wegen Kantons-Sparprogramm?

Was heisst das konkret? Emmen wird Leistungen abbauen oder ausdünnen müssen. «Eine Steuererhöhung ist für den Gemeinderat dagegen nur eine Ultima Ratio», so Dickerhof. Zudem ist aus Sicht des Gemeinderates eine mögliche Steuererhöhung als Lösungsansatz für die Lastenumverteilung des KP17 vorzubehalten.

Emmen ist eine der fünf Gemeinden, die diesen Montag Widerstand gegen das kantonale Sparpaket KP17 ankündigten und Aussagen der Regierung anzweifelten (zentralplus berichtete). Auch der Verband Luzerner Gemeinden (VLG) wehrt sich gegen die Abwälzung von Kosten vom Kanton auf die Gemeinden (hier geht’s zum Artikel).

Eine Steuererhöhung in der Gemeinde würde unabhängig von deren Begründung immer dem obligatorischen Referendum unterliegen. «Der Gemeinderat wird die Finanzlage künftig mit einer ausgewogenen Mischung aus Sparen, Leistungsverzichten sowie tragbaren Mehreinnahmen ausgeglichen gestalten müssen», so die Mitteilung der Gemeinde.

Kantonales Sparpaket schmerzt

Emmen kritisiert das Sparpgrogramm des Regierungsrates. Dieser will mit dem KP17 bis 2019 über 500 Millionen Franken sparen. «Die geplanten Ausgabenreduktionen gehen zu einem grossen Teil zu Lasten der Gemeinden», so die Gemeinde. Für die Gemeinden ergebe das eine Nettobelastung von rund 20 Millionen pro Jahr zwischen 2017 und 2019. «Für die Gemeinde Emmen rechnen wir mit Mehrbelastungen von ungefähr 2 Millionen Franken», so die Mitteilung. Gleich sieht’s bei der Gemeinde Kriens aus, die am Dienstag ihr Budget präsentierte (zentralplus berichtete). Gemäss aktuellen Versprechungen des Regierungsrates könnte das mit dem neuen Wasserbaugesetz kompensiert werden.

Verschuldung steigt weiter

Ziel von Emmen sei es weiterhin, einen langfristigen, stabilen und gesunden Finanzhaushalt zu erreichen – so, wie das in der Strategie Emmen 2025 vorgesehen sei. Die Gemeinde konnte zwar den Anstieg der Verschuldung nicht verhindern, «aber immerhin stark eindämmen». Die daraus entstehenden Kosten für die laufende Rechnung werden dadurch ebenso gemässigt.

Die Personalkosten steigen gegenüber 2016 um 0,4 Millionen Franken. Die Sachkosten seien sehr zurückhaltend budgetiert worden, daraus resultiert ein um 1,7 Millionen Franken tieferes Budget als im Vorjahr. Verantwortlich dafür sind vor allem tiefere Ausgaben bei den Immobilien, bei Wasser, Abwasser und Energiekosten.

«Der Trend, dass insgesamt weniger Investitionen realisiert werden, als geplant wurden, hält nach wie vor an», so die Gemeinde. Als Folge davon steigen die Abschreibungen moderat an.

Die Beiträge an den Kanton, an die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie gemischtwirtschaftliche Unternehmungen fallen höher aus. Weiter rechnet Emmen mit höheren Ausgaben für die wirtschaftliche Sozialhilfe. «Insgesamt sind die Kosten im Sozialbereich weiterhin eine hohe finanzielle Belastung für die Gemeinde.»

Mehr Steuererträge

Aufgrund der aktuellen und der künftig zu erwartenden Entwicklungen konnte Emmen bei den Steuererträgen optimistischer budgetieren. Die Gemeinde rechnet mit einem Anstieg von rund 3 Millionen Franken.

Trotz der geänderten Berechnungspraxis fällt der Beitrag aus dem kantonalen Finanzausgleich gleich aus wie 2016. «Der Finanzausgleich bedeutet eine deutliche Entlastung für die Gemeindefinanzen», so die Mitteilung.

Mehr Investitionen

Bei der Investitionsrechnung sieht das Budget 2017 Bruttoausgaben von knapp 14 Millionen Franken vor und Bruttoeinnahmen von 3,2 Millionen. Das bedeutet Nettoinvestitionen von knapp 10,8 Millionen Franken.

Den Schwerpunkt der Ausgaben bilden die Hochbauten mit 10,3 Millionen Franken. Davon entfallen 2 Millionen auf die Sanierung der Schulanlage Hübeli und weitere 2,7 Millionen auf zusätzliche Kindergarteninfrastrukturen. Ein Teil der geplanten Investitionen wurde bereits mit früheren Sonderkrediten genehmigt, für die restlichen Investitionen werden dem Parlament separate Kredit- beziehungsweise Sonderkreditanträge vorgelegt.

Die gespannte Finanzlage in der Gemeinde und im Kanton hat konkrete Auswirkungen auf die Ziele der Direktionen: Geplante Projekte müssten teilweise hinausgeschoben werden. Das betreffe Projekte in der Verwaltung, die nicht dringend sind, also die tägliche Arbeit nicht gefährden, beispielsweise neue Software-Tools.

Der Druck hält an

Die andauernden, grossen Investitionen in Schulanlagen führen laut der Gemeinde Emmen dazu, dass der Druck auf die Gemeindefinanzen weiter anhält. «Die Massnahmen aus dem Stabilisierungsprogramm 2013 sowie die langfristige Investitionsplanung seit dem Jahr 2014 haben dazu geführt, dass sich die negative Entwicklung der Finanzkennzahlen in Grenzen hält», schreibt die Gemeinde.

Trotzdem kann das Finanzreglement betreffend ausgeglichene Rechnungen innerhalb von fünf Jahren nur bedingt eingehalten werden. «Die getroffenen Massnahmen führen dazu, dass sich die Situation in den kommenden Jahren nicht zusätzlich verschlechtern sollte.»

Die Zahlen im Überblick:

 

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