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Reto Ambauen

Wie kommt Luzern zu einem neuen Musiktheaterhaus?

Das neue Kulturhaus soll nur eine Hülle sein, in der Ideen schlummern.

Erhöhte Folgekosten können bei einem solchen Bau nicht ausgeschlossen werden. Wir brauchen also Menschen in Luzern, die uns in einfachen Worten erklären und dafür begeistern, weshalb die Salle modulable trotz massiven Sparmassnahmen gebaut werden soll.

Die deutsche Philosophin Natalie Knapp reflektiert in ihrem Buch «Kompass neues Denken» die Frage, wie wir uns in einer immer komplexer werdenden Welt besser zurechtfinden können. Sie denkt darüber unter anderem anhand des Baus eines neuen Kulturhauses nach.

Ein solches Bauwerk ist kein Reihenhaus von der Stange sondern ein Unikat. Alles ist neu. Auf Erfahrungen bezüglich der Realisierung kann deshalb nur begrenzt zurückgegriffen werden. Viele Faktoren sind nicht vorhersehbar. Gibt es beim Bau in der Kette der geplanten Abläufe zum Beispiel Verzögerungen, die Rohstoffpreise steigen oder der Ölpreis explodiert, kann dies zu unvorhersehbaren Folgekosten führen. Trotz kompetenten Bauökonomen und bestem Willen lassen sich die exakten Kosten eines solchen Baus nur ungefähr berechnen. In den meisten Fällen sind die Baukosten, wegen unvorhersehbarer Faktoren jedoch höher als angenommen. Der Bau des KKL und unzählige kulturelle Grossbauprojekte rund um den Globus unterstreichen diese These.

Ist ein solches Projekt deshalb gescheitert?

Nein, das muss nicht sein. Im Gegenteil. Nämlich dann nicht, meint Nathalie Knapp, wenn eine breit abgestützte Wertediskussion stattgefunden hat.

Weshalb also ist diese Salle modulable, dieses neue Musiktheaterhaus so wichtig für die Stadt Luzern und die ganze Region? Was trägt es zur Identitätsstiftung bei? Weshalb sind wir stolz auf diesen Bau? Welche kulturelle Wertsteigerung ist zu erwarten?

Wenn es in Luzern einen breiten Konsens darüber gibt, weshalb die Salle modulable genau hier und heute gebaut werden soll, dann steht dem Bau nichts im Wege. Weil das Kulturprojekt von einer kulturellen Elite und von einer breiten Bevölkerungsschicht getragen wird. Dann darf es auch etwas kosten, weil es uns dies als Bürgerinnen und Bürger wert ist.

Das neue Kulturhaus soll die Hülle sein, in der eine Idee wohnt.

Das kann gelingen, wenn von den treibenden Kräften hinter dem Neubau in Bälde eine griffige inhaltliche Vision darüber entwickelt und kommuniziert wird, was in diesem Haus geschehen soll. Das neue Kulturhaus soll die Hülle sein, in der eine Idee wohnt.

Ansonsten wird die finanzielle Schlechtwetterlage die Diskussion bestimmen. Und dann, so ist anzunehmen, wird das Ziel nicht erreicht werden. Dazu muss die Diskussion nun schnell in allen Gesellschaftsschichten ankommen und geführt werden. Die Vision soll im Serviceclub, im Quartierverein, auf dem Spielplatz, im Kulturlokal, an der Bar und am Stammtisch diskutiert und verstanden werden – vom Würzenbachquartier bis in den Hirtenhof. 

Wo sind die charismatischen Identifikationsfiguren, die für die Idee Salle modulable einstehen, wie damals Stadtpräsident Franz Kurzmeyer und Thomas Held für den Bau des KKL?

Wo sind diese Menschen aus Kultur und vor allem aus der Politik, die heute Stadträtin Ursula Stämmer und Stiftungsratspräsident der Salle modulable Hubert Achermann unterstützen?

Wir brauchen Menschen, die uns in einfachen Worten erklären und uns dafür begeistern, weshalb die Salle modulable hier und heute in Luzern, trotz angekündigten massiven Sparmassnahmen, gebaut werden soll.

Die auf den Bermudas ausgehandelte Agenda gibt den engen Zeitplan vor. Die Zeit drängt. 80 Millionen hart erstrittene Franken stehen aus dem Nachlass Engelhorn bereit. Ein stolzer Betrag auf den ersten Blick. Wenn wir aber davon ausgehen, dass ein solches Gebäude 100 Jahre bestehen wird, müssten jährlich lediglich 0,8 Millionen Franken amortisiert werden. Das ist ein Betrag, den die Stadt Luzern auch aus dem eigenen Portemonnaie berappen könnte. Die geschenkten 80 Millionen Franken sind nur dann sinnvoll eingesetzt, wenn der Bau der Salle modulable von einer gemeinsamen Vision getragen wird, die Luzern bewegt und die auf breite Zustimmung stösst.
Dazu ist zusätzlich eine offene Diskussion über den Standort und das Betriebskonzept vonnöten.

Alles ist neu – Ohne Garantie

Erhöhte Folgekosten beim Bau können nicht ausgeschlossen werden. Ebenso nicht beim Betrieb des neuen Kulturhauses, denn dazu es gibt keine Referenzzahlen. Alles ist neu. Erhöhte Betriebskosten wären dann ein Erbe, das erhalten bliebe, während der ganzen Lebensdauer des Gebäudes. Die geschenkten 80 Millionen Franken Startkapital könnten sich, unter Annahme dieser Voraussetzung, als äusserst teures Geschenk erweisen.

Dieses Risiko können wir als Gemeinwesen dann eingehen, wenn wir von der Idee enthusiastisch begeistert sind – wenn wir wissen, weshalb wir es tun – und nur dann.

Es gibt kräftige ökonomische Argumente für den Neubau. Es entstehen ja, zusätzlich zum erhofften kulturellen Mehrwert, nicht nur einfach Kosten. Ein solches Haus generiert eine nicht zu unterschätzende Wertschöpfung für die Stadt. Vom Bau dieses Kulturhauses wird das lokale Gewerbe, das Gastgewerbe und die Hotellerie langfristig profitieren. Auch erhöhte Steuer- und Billettsteuereinnahmen bis hin zu mehr Parkplatzgebühren werden die Folge sein.

Das Wunder KKL wird, so denke ich, nur durch eine einfach zu kommunizierende Vision im neuen Musiktheaterhaus duplizierbar sein.

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