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Das Globus-Gebäude in Luzern ist «italomodern»

Italienische Fundstücke

Originale Ausstattungselemente werden im Raum belassen.(Bild: Peter Humm)

Die italienische Nachkriegsmoderne hat viele Blüten getrieben. In Luzern zeugt das Globus-Gebäude an der Pilatusstrasse vom damaligen Einfluss auf die hiesige Architektur. Nun lädt in Winterthur die Ausstellung «Italomodern» zu einer aufschlussreichen Begegnung ein.

Mit einer Publikation von Fotografien, Kurzbeschrieben und Plänen zur Architektur Oberitaliens der Jahre 1946–1976 konnten die Gebrüder Feiersinger aus Wien vor drei Jahren einen grossartigen Erfolg verbuchen. 2015 doppelten sie mit «Italomodern 2» nach.

Der Ergänzungsband unterschied sich wenig von seinem Vorgänger. Beide Bände sind eine Fundgrube an Architekturwissen, die unser südlicher Nachbar an vielen Orten speichert. Die Feiersingers haben nicht nur zahlreiche vergessene oder unbekannte Objekte aufgespürt, ihre Auslegeordnung macht deutlich, dass in der Architektur heute Phantasie und Kreativität abhandengekommen ist.

Architektur für die Sinne

Noch bis zum 4. November 2016 sind ihre Fundstücke in einer Ausstellung in Winterthur zu sehen. Die Präsentation in einem ausgedienten Industriegebäude passt ideal zu den Ausstellungsobjekten. Einbauten wie Falltüren oder Lifte wurden im Raum belassen. Auf die Stützenkonstruktion antworten Wandscheiben, die für die Aufhängung der Fotografien dienen. Die Bilder sind in der zeitlichen Abfolge ihrer Entstehung geordnet, die beiden verschiedenen Rahmentypen stammen von den beiden Ausstellungen her. Auf einem Tisch legen die Künstler ihr Recherchematerial aus. Eine Säule mit Domus-Originalausgaben erzeugt Authentizität.

Diese Architektur berührt die Sinne. Der Phantasie werden mit den Bauten kaum Grenzen gesetzt. Obwohl die Aufreihung einer chronologischen Ordnung folgt, sind Bauzeit und Stile keine verlässlichen Kriterien für eine Orientierung. Gestalterische Themen scheinen an anderen Orten, bei anderen Architekten und zu anderen Zeiten wieder auf. Zu den Leistungen der Bücher zählt, dass sie das auf Monografien ausgerichtete Gärtchendenken überwinden und Architektur als eine kulturelle Bewegung zur Darstellung bringen.

Verbunden mit der Bautradition Italiens

Man braucht nicht weit zu gehen, um eine in der Winterthurer Ausstellung präsentierte Architektur im lokalen Kontext zu entdecken. Die Architekturhistorikerin Karin Gimmi erkannte schon 2003 im Globus-Gebäude an der Pilatusstrasse in Luzern eine Übernahme eben dieser norditalienischen Architektursprache. Im Bürogebäude an der Via Hoeppli in Mailand von BBPR oder im Kaufhaus «La Rinascente» in Rom von Franco Albini und Franca Helg sah Gimmi verwandte Gestaltungselemente, die als Vorlage für Luzern gedient haben könnten. «In beiden Fällen zeigte eine selbstbewusste moderne Architektur vor, wie sie in Dialog mit der historischen Stadt treten und aus dem Flirt mit der Tradition gestärkt hervorgehen konnte», schrieb Gimmi damals.

Im Rahmenprogramm zur Ausstellung wird am 31. Oktober der Luzerner Architekt Max Bosshard, der in den 1970er Jahren in Italien arbeitete, sich zu «Italomodern» vernehmen lassen. Denkbar, dass dann weitere Bezüge zur jüngeren Zentralschweizer Architekturgeschichte aufgedeckt werden, «zumal sich Luzern, man denke nur an den Ritterschen Palast, seit je mit der italienischen Bautradition verbunden fühlte», wie Gimmi in ihrem Text für «Bausichten» festhielt, eine vom SIA Zentralschweiz publizierte Text- und Fotosammlung, an die ich mich nach der Ausstellung erinnerte.

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